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Kritik Staatskapelle Berlin Barenboim: Martha Argerich Beethoven Klavierkonzert Nr. 2, Elgar Sinfonie Nr. 2

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Konzerthaus Berlin.

Beethoven Klavierkonzert Nr. 2.

Martha Argerich.

Staatskapelle Berlin Daniel Barenboim Martha Argerich Beethoven Klavierkonzert Nr. 2 Konzertaus

Staatskapelle Berlin: Daniel Barenboim und Martha Argerich im Konzerthaus / Quelle: facebook.com

Wie spielt Martha Argerich? Ihr Spiel ist lyrisch und unberechenbar, es ist unmittelbar und komplex, dabei aufsässiger und versenkender als das anderer Beethoveninterpreten. Ihr Ton leuchtet schwer, ohne sich zu exponieren. Ihre Rubati leuchten unmittelbar ein. Aus der Kadenz zum 1. Satz macht sie ein Drama aus Licht und Schatten. Im Adagio: höre ich schwingende Melodien. Im Finale: herrscht rapides Tempo. Die Staatskapelle musiziert gespannt-gestrafft – den Beginn der Orchesterexposition ausgenommen. Die Bläser glänzen im Adagio – besonders die beiden Hörner.

Die Zugabe ist das a-Moll-Rondo zu vier Händen von Franz Schubert. Barenboim hat nicht Argerichs Akkuratesse. Er hat es ja nicht einfach neben Argerich.

Elgar, 1. Sinfonie.

Was Sie über Barenboims Elgar wissen müssen.

OK, Elgars Durchführungen klingen gerne brahmsiger als Brahms selbst. Aber das kennt man bisweilen auch von Brahms. Elgar-Verächter führen an, dass Elgars Orchesterwerke unter einem Gewand von nebulösem Klangfirlefanz verschwänden wie eine Neuköllnerin unter der Burka. Okaayyy. Aber Elgars Genie verträgt viel Burka. Und Barenboim erkundet Elgars Erste kongenial. Nichts kommt zu kurz, weder das repräsentative Hochgefühl der Ecksätze, noch der unerhörte melodische Charme im zweiten Satz (2. Thema), noch auch die pompösen Gefühlslagen im Adagio. Die Staatskapelle spielte kaum je fokussierter. Es ist eine Demonstration der Macht. Selten entfaltete Barenboim die Potenzen des Orchesters hörbarer. Welches Orchester der Welt ist wirklich substantiell besser? Und ist es Altersmilde, dass Daniel Barenboim zwischendurch einfach mal das Dirigieren sein lässt, sich am Ohr kratzt, in aller Ruhe das Schweißtücherl zückt oder einfach die Arme an die Seite legt und zuhört?



Vorschau: MET 2015/2016 Season mit Anna Netrebko, Jonas Kaufmann, Vittorio Grigolo

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MET Season 2015 2016

MET Saison 2015 2016: viel Verdi, viel Puccini, viel Belcanto / Foto: metopera.org

Die Metropolitan Opera legt in der Saison 2015/2016 den Schwerpunkt auf das italienische Repertoire. Besonders das Verisimo-Repertoire gibt sich Star-gespickt. Es singen u.a. Maria Guleghina, Anna Netrebko, Angela Gheorghiu, Liudmyla Monastyrska oder Kristine Opolais bzw. Massimo Giordano, Marcelo Álvarez, Roberto Alagna, Jonas Kaufmann, Yonghoon Lee, Marcello Giordani und Roberto Aronica. Doch auch bei den Belcanto-Opern ist mit Elīna Garanča, Sondra Radvanovsky, Joyce DiDonato und Vittorio Grigolo vertreten, was Rang und Namen hat. Radvanovsky wird besonders im Fokus stehen. Sie singt in einer Saison die Heldinnen in den jeweiligen Tudor-Opern Donizettis (Elisabetta in Roberto Devreux sowie Anna Bolena und Maria Stuarda).

Deutsches und französisches Repertoire ist nur schwach vertreten. Von Wagner bringt die MET nur Tannhäuser, von Strauss lediglich eine neue Elektra. Dazu kommt zur Jahreswende die Fledermaus. Aber auch die Franzosen haben nichts zu lachen. Nur Les Pêcheurs de Perles stehen auf dem Spielplan.

Es gibt eine zweite Leerstelle. Die Oper des 20. und 21. Jahrhunderts fehlt. Dies dürfte europäische Beobachter ratlos machen. Abgesehen von Lulu könnte die Season 2015/2016 vollständig aus 1926 stammen. Es fehlt jede Spur von Britten, Janáček, Poulenc, Sciarrino, Birtwistle, Zimmermann, Ligeti oder spätem Strauss. Lebt man in New York hinterm Mond?

  • Die Premieren

William Kentridge führt Regie in LULU. Marlis Petersen singt die Titelpartie. James Levine dirigiert. Susan Graham verkörpert die Geschwitz, Daniel Brenna Alwa, Johan Reuter Dr.Schön bzw. Jack the Ripper, Franz Grundheber Schigolch.

In den PERLENFISCHERN sind Diana Damrau, Matthew Polenzani, Mariusz Kwiecień und Amanda Woodbury zu hören. Gianandrea Noseda leitet. Regie führt Penny Woolcock.

Fabio Luisi dirigiert die Premiere von MANON LESCAUT. Zu den Darstellern zählen Kristine Opolais und Jonas Kaufmann. Für die Neuproduktion zeichnet Richard Eyre verantwortlich.

Maurizio Benini dirigiert ROBERTO DEVEREUX. Sondra Radvanovsky, Mariusz Kwiecień, Matthew Polenzani, Elīna Garanča singen. Es inszeniert David McVicar.

Patrice Chéreau inszeniert ELEKTRA. Unter der Leitung von Esa-Pekka Salonen singen Nina Stemme, Adrianne Pieczonka, Burkhard Ulrich, Waltraud Meier und Eric Owens.

  • Das Repertoire

Puccini/Verismo

MADAMA BUTTERFLY: Cio-Cio San stellen Hei-Kyung Hong und Kristine Opolais dar. Den Pinkerton teilen sich Massimo Giordano, Roberto Alagna, Roberto De Biasio. Karel Mark Chichon leitet. Regie führte Anthony Minghella.

In TURANDOT singen Christine Goerke sowie Lise Lindstrom, Jennifer Wilson bzw. Nina Stemme die Titelheldin. Calaf sind Marcelo Álvarez bzw. Yusif Eyvazov oder Marco Berti. Liù wird von Hibla Gerzmava bzw. Leah Crocetto oder Anita Hartig gesungen. Am Pult steht Paolo Carignani.

LA BOHEME: Mimì ist abwechselnd Barbara Frittoli, Maria Agresta und Hei-Kyung Hong. Rodolfo Bryan Hymel und Ramón Vargas. Musetta Ana María Martínez, Susanna Phillips und Ailyn Pérez.

Viel Abwechslung bietet TOSCA. Am Pult wechseln sich Plácido Domingo und Joseph Colaneri ab. Tosca sind Oksana Dyka/Maria Guleghina/Liudmyla Monastyrska/Angela Gheorghiu. Cavaradossi ist Massimo Giordano/Marcello Giordani/Roberto Aronica, Scarpia Roberto Frontali/Željko Lučić/James Morris/Marco Vratogna.

CACALLERIA RUSTICANA/PAGLIACCI: Fabio Luisi dirigiert. Santuzza ist Violeta Urmana und Liudmyla Monastyrska. Turiddu Yonghoon Lee sowie Ricardo Tamura. Nedda singt Barbara Frittoli, Canio Roberto Alagna.

Verdi

Der Kanadier Yannick Nézet-Séguin und Adam Fischer dirigieren OTELO. Den Titelhelden singt Aleksandrs Antonenko. Desdemona singen abwechselnd Sonya Yoncheva und Hibla Gerzmava. Jago ist Željko Lučić. Cassio ist Dimitri Pittas/Alexey Dolgov.

In RIGOLETTO singen Olga Peretyatko/Nadine Sierra die Gilda, Stephen Costello/Piotr Beczala/Jean-François Borras den Duca, George Gagnidze /Željko Lučić Rigoletto. Die Leitung haben Pablo Heras-Casado bzw. Roberto Abbado.

SIMON BOCCANEGRA singt Plácido Domingo, Joseph Calleja, Ferruccio Furlanetto, Lianna Haroutounian. Levine dirigiert.

MET Season 2015 2016 Anna Netrebko

MET Season 2015 2016 Anna Netrebko / Foto: metopera.org

IL TROVATORE kommt mit Anna Netrebko/Angela Meade (Leonora), Yonghoon Lee/Antonello Palombi/Marcello Giordani (Manrico), Dolora Zajick (Azucena), Dmitri Hvorostovsky/Vitaliy Bilyy (Di Luna) und Štefan Kocán/Kwangchul Youn (Ferrando). Es leitet Marco Armiliato.

Mozart

Die ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL ist mit Albina Shagimuratova (Konstanze), Kathleen Kim (Blondchen), Hans-Peter König (Osmin), Paul Appleby/Ben Bliss (Belmonte) besetzt. James Levine dirigert.

FIGAORS HOCHZEIT wird von Fabio Luisi geleitet. Mikhail Petrenko ist Figaro. Rachel Willis-Sørensen/Amanda Majeski stellen die Gräfin dar, Anita Hartig Susanna, Isabel Leonard Cherubino, Luca Pisaroni den Grafen.

Belcanto

In ANNA BOLENA singen Sondra Radvanovsky, Stephen Costello und Ildar Abdrazakov. Marco Armiliato dirigiert.

Michele Mariotti dirigiert LA DONNA DEL LAGO. Die Besetzung umfasst Joyce DiDonato (Elena), Daniela Barcellona (Malcolm Groeme) und Lawrence Brownlee (Giacomo V).

Enrique Mazzola und Joseph Colaneri dirigieren abwechselnd den LIEBESTRANK. Es singen Vittorio Grigolo/Mario Chang sowie Aleksandra Kurzak.

In MARIA STUARDA singt Sondra Radvanovsky die Titelpartie. Celso Albelo ist Leicester. Kwangchul Youn ist Talbot. Die musikalische Leitung hat Riccardo Frizza.

Die Otto Schenk-Produktion DON PASQUALE kommt unter der Leitung von Maurizio Benini. Es singen Ambrogio Maestri, Eleonora Buratto, Javier Camarena, Levente Molnar/Alexey Lavrov.

Deutsches Repertoire

Die FLEDERMAUS in der Inszenierung von Jeremy Sams ist mit Susan Graham (Orlovsky), Toby Spence (Eisenstein) und Dimitri Pittas (Alfred) besetzt. Levine leitet.

In TANNHÄUSER singen Johan Botha den Titelhelden, Michelle DeYoung Venus, Eva-Maria Westbroek Elisabeth, Peter Mattei Wolfram. Levine leitet. Die Inszenierung stammt von Otto Schenk.


Kritik: Der Thalheimer-Freischütz an der Staatsoper Berlin

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Der Freischütz Staatsoper Berlin Inszenierung Thalheimer

Jäger in Hosenträger: Falk Struckmann vor deutschem Rest-Wald / Foto: Katrin Ribbe / staatsoper-berlin.de

Fetter Freischütz.

Nach einer guten Katja Kabanowa und einer sensationellen Entführung inszeniert Michael Thalheimer an der Staatsoper Berlin Freischütz.

Dabei gilt: Selbst wenn Thalheimer den Freischütz verthalheimert, die Wolfsschlucht lässt selbst ein Thalheimer nicht weg.

Es sieht halt nur ein bissl anders aus.

Und ja, auch im Freischütz verfährt Thalheimer nach der Brühwürfeltaktik. Konzentrieren ist besser als Verwässern.

Was das heißt? Weg mit Sprechstellen, die nicht interessieren. Fort mit der Pause, die dem Stück die Insistenz raubt. Weg mit Singspielschmonz. Her mit den großen Bildern und den schönen Gefühlen. Die Agathe von Anna Samuil (stark im lyrischen Ausdruck) darf den Mond ansingen. Der Max von Burkhard Fritz (burschenhaft-heroisch) darf sich verzweifelt auf dem Boden wälzen.

Freischütz Berlin Staatsoper 2015

Peter Moltzen alias Samiel alias DER SCHWARZE JÄGER: Mit diesem Blick klappt einfach jeder Flirt / Foto: Katrin Ribbe / staatsoper-berlin.de

Und sonst? Es herrscht ausgedünnte deutsche Folklore.

Aber Thalheimer wäre nicht so ein gerissener Reduzierer, wenn es nur um Rückbau ginge. Denn hier im Schillertheater spielt der Freischütz von vorne bis hinten in der Wolfsschlucht. Zwar fehlt der Wolfsschluchtszene der übliche Hokuspokus. Doch dafür dreht Olaf Altmann (Bühnenbild) für Thalheimer die Wolfschlucht in die Horizontale und macht ein konisches Erdrohr aus ihr.

Schön: Marthalers Verknappungskalkül gibt dem Schluss eine Drehung ins Märchenhafte. Hinweg mit dir, spätfeudale Konsensgesellschaft. Ein Prachtstück ist der giftig-adrette Brautjungfernchor.

Das Ännchen Sónia Grané singt etwas unstet, aber äußerst frisch. Kaspar ist der großartige Falk Struckmann. Ansonsten singen Wilhelm Schwinghammer (Eremit), Christian Oldenburg (Kilian), der energische Alfredo Daza (Ottokar) und Victor von Halem (Kuno). Ein Schleicher vorm Herrn ist der ubiquitäre Samiel Peter Moltzen.

Alexander Soddy ist ein junger britischer Dirigent, dem entweder rhythmisches Feuer oder Straffungsvermögen oder beides fehlt. Die Staatskapelle kann besser spielen. Es fehlt Finesse. Aber man hört schöne Soli von Solofagott und Soloklarinette.


Premiere Meistersinger Staatsoper Berlin Preview

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Meistersinger Premiere Staatsoper Berlin Fotos 1

Meistersänger unter sich: Kwangchul Youn trägt blau-gelb, Siegfried Jerusalem braun-rot, Arttu Kataja Streifenlook, Franz Mazura blau total. / Foto: Bernd Uhlig / Quelle: staatsoper-berlin.de


Meistersinger Premiere Staatsoper Berlin Fotos 2

Wolfgang Koch hängt schlapp uffer Bank. Markus Werba hat noch was vor. / Foto: Bernd Uhlig / Quelle: staatsoper-berlin.de

Meistersinger Premiere Staatsoper Berlin Fotos 4

Wolfgang Koch hat’s nicht leicht: Voll ruhiger Feierabend sieht anders aus. / Foto: Bernd Uhlig / Quelle: staatsoper-berlin.de

Meistersinger Premiere Staatsoper Berlin Fotos Vogt Facebook 5

Aha! Da sitzt doch Stephan Rügamer auf der Bank? / Foto: Klaus-Florian Vogt Fanpage / Quelle: facebook.com

Meistersinger Premiere Staatsoper Berlin Fotos 3

Wolfgang Koch im Schlabber-Look. Klaus-Florian Vogt diskutiert. / Foto: Bernd Uhlig / Quelle: staatsoper-berlin.de


Kritik Meistersinger Premiere Staatsoper Berlin Andrea Moses Daniel Barenboim

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Meistersinger Premiere Staatsoper Berlin Fotos Vogt Facebook

Meistersinger Premiere Staatsoper Berlin / Foto: Klaus-Florian Vogt Fanpage / Quelle: facebook.com

Dit is’ nichts. Andrea Moses‘ Meistersinger sind so interessant wie drei Tage alte Currywurst.

Und nein, ich glaube nicht, dass der dritte Akt am Sonntag, Glock zwölf, an dieser Einschätzung etwas ändern wird.

Das voluminöse Bühnenbild (Jan Pappelbaum) strahlt optische Schwere aus uns scheint unbeleckt von jeder Schlüssigkeit. Erster Akt: könnte die Vorstandsetage einer Konzernzentrale eines deutschen Weltmarktführers sein. Zweiter Akt: könnte das Dach einer Konzernzentrale eines deutschen Weltmarktführers sein. Die Hypothese, dass die Meistersinger deutsche Konzerne lenken, ist prinzipiell eine Idee, die weder schlecht noch gut ist. Fragt sich nur, ob etwas daraus folgt. Bei Andreas Moser folgt nichts daraus. Interessant ist auch die umgekehrte Hypothese, die Andrea Moses suggeriert, dass nämlich deutsche Weltmarktführer Meistersinger sind. Fragt sich auch hier, ob etwas folgt. Es folgt nichts. Jessas, wie deppert. Die Prügelszene zeigt raufende Hertha- und Unionfans. Lokalpatriotismus – wie peinlich. Klamauk in einer Operninszenierung ist per se nichts Böses. Er sollte nur mehr Biss haben. Dass dauernd diverse Darsteller die Deutschlandfahne drehen, das dünkt doppelt deppert. Trotz deutschem Fahnerl und Mittelstandsikonographie scheinen die Meistersinger von Andrea Moser so unbeschwert unpolitisch wie nur was. Zum Haareraufen.

Die Sänger.

Im Mittelpunkt steht Wolfgang Kochs geniale Präsenz. Koch gelingt ein Poetenporträt von höchst könnerhafter Schludrigkeit. Stimmlich positioniert Koch seinen Sachs zwischen Kernigkeit und differenzierter Deklamation – sehr präsent falls nötig, sehr wortpräzise falls möglich. Den großen Monolog im zweiten Akt singt er mit dem Ohr für Zwischentöne und dem Sinn für das verrätselt Tiefsinnige der Meistersinger.
Eva Julia Kleiter, optisch ein hochgewachsen-blondes Inbild, agiert hektisch-fahrig. Sie brilliert sängerisch dank ihres himmelblauen Soprans, der wunderbar leicht anspricht – und wenig genuine Expression hat. Stimmschönheit ja, Seelenzustände nein. Dennoch eine Wohltat.
Sehr gut! Stolzing Klaus-Florian Vogt hat auf sein bekanntes, androgynes, laserhaftes Timbre einen Klacks Virilität draufgesetzt. Ich vermute bei ihm wie eh und je Tonhöhenverrutscher und zucke ob seiner bauklötzchenhaften Phrasierung hin und wieder regelrecht zusammen. Doch die Strahlkraft der Stimme in den oberen Registern ist famos.
Der Veit Pogner von Kwangchul Youn ist René Papes Verkörperung der Rolle in der alten Harry-Kupfer-Inszenierung ebenbürtig. Youn fügt indes seiner Interpretation dem inständigen Wohllaut, der sowohl Pape als Youn auszeichnet, winzige Dramatisierungen, Akzente und unvermutet ins Fahle drehende Farben hinzu. Ein Gedicht.
Dem Sixtus Beckmesser von Markus Werba gelingt heute Abend alles. Eine Bombenstimme. Ich verstehe jedes Wort.
Anna Lapkowskaja (Magdalene) assistiert ihrem Evchen mit gutturalem Mezzo, ist bisweilen indes leider nur leidlich verständlich. Verlässlich im besten Sinn der David Stephan Rügamers.

Die Meistersinger, dieser Kreis sangesseliger Singmeister, bestehen heuer aus so erlauchten alten Haudegen wie Siegfried Jerusalem, Franz Mazura, Reiner Goldberg oder Olaf Bär. Jünger doch nicht minder solide singen Graham Clark, Gyula Orendt, Jürgen Linn, Paul O’Neill und Arttu Kataja. Der in der Prügelszene ins Jenseits beförderte Nachtwächter ist Jan Martiník.

Zu Daniel Barenboims zufriedenstellendem Dirigat und der Leistung der Staatskapelle morgen mehr.


Robin Ticciati wird neuer DSO-Chefdirigent

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Robin Ticciati Chefdirigent DSO

Da grinst er: Robin Ticciati ist designierter Chefdirigent des DSO / Foto: dso-berlin.de

Der Brite Robin Ticciati wird ab 2017 das Deutsche Symphonie-Orchester leiten. Das gab das DSO heute bekannt. Ticciati leitet derzeit das Scottish Chamber Orchestra. Außerdem ist er künstlerischer Leiter des Glyndebourne Festivals. Ticciati machte sich insbesondere als Operndirigent einen Namen. Der Brite dirigierte Eugen Onegin am Londoner Royal Opera House, Peter Grimes an der Scala sowie Hänsel und Gretel an der MET. Ticciatis Vertrag wird laut DSO eine Laufzeit von fünf Jahren haben.

Robin Ticciati ist 32 und gilt als einer der talentiertesten Dirigenten der jungen Generation. In der aktuellen Saison leitet Robin Ticciati das DSO am 28. Februar mit einem Programm, das u.a. La Mer und Korngolds Violinkonzert umfasst. In der vorangegangenen Saison waren Ticciati und das DSO mit der vierten Sinfonie von Bruckner zu hören. Tugan Sokhiev, seit 2012 Leiter des DSO, gab vor knapp 12 Monaten bekannt, dass er seinen Vertrag als Chefdirigent zur kommenden Saison auflösen werde. Er wolle sich verstärkt der Arbeit am Moskauer Bolschoi-Theater widmen.

Die Wahl Ticciatis ist zu begrüßen.


Berliner Philharmoniker Simon Rattle: Kritik Beethoven Sinfonie Nr. 4 & 7

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Simon Rattle Berliner Philharmoniker Beethoven Sinfonie Nr. 4 und 7

Simon Rattle Berliner Philharmoniker Beethoven Sinfonie Nr. 4 und 7 / Quelle: berliner-philharmoniker.de

Beethovenzyklus Berliner Philharmoniker, Simon Rattle.

Es gibt viele Gründe wider Rattles Beethoven.

  1. Rattle ist zu schnell.
  2. Rattle hat nicht Furtwänglers Gefühl.
  3. Rattle hat nicht Karajans Klang.
  4. Thielemann mit den Wienern war schöner.

Stimmt alles (oder fast).

Ist aber alles egal. Es gibt einen Grund für Rattle.

Unter Rattle spielen die Berliner Philharmoniker einen glühenderen Beethoven, den man kaum sonst so hört.

Beethoven Sinfonie Nr. 7

Erste Beobachtungen: Das einleitende Poco Sostenuto nimmt Rattle einen Tick schneller als vor drei Jahren. Der erste Satz, Vivace, beginnt indes langsamer als damals. Die Exposition des Vivace wird wiederholt (Das machten die Wiener Philharmoniker unter Prêtre nämlich nicht).

Erste Details: Die Tutti-Schläge sind nicht einfach Rumtatas, die eine thematische Entwicklung abschließen, sondern mit äußerster Energie angefüllte gestische Aktionen. Die wuchtigen Streicher-Bläser-Wechsel, die im ersten Satz zur Durchführung überleiten, werden vom Orchester geradezu brutal hingesetzt. Doch Rattle bleibt genau: Das Pianissimo des Nachsatzes des Themas im Allegretto (2. Satz) wird als äußerste Rückstufung gegenüber dem vorangehenden Piano des Vordersatzes erlebbar. Das dreifache Forte der Final-Coda ist nochmal eine sprechende Steigerung gegenüber dem vorangehenden Fortissimo (Das direkt folgende zweite fff dann aber nicht mehr).

Und das große Ganze? Rattles letzte Siebte (2012) merkte man die Nähe zu Harnoncourt an. Sie war kurzatmiger. Heuer kann ein Detail für das Ganze stehen. Eine weiche Pulsation der Streicher kommuniziert mit der entgrenzenden Totale des Orchesters. In den Ecksätzen höre ich aus brodelnden Partikeln aufgebauten Klang. Im Finale schweißt Rattle diesen (mit furchterregenden Gesichtsgesten geforderten) Klang wie mit einem Riesenstaubsauger zu einer Klangwalze zusammen. Der Zuhörer taumelt in einem Schlauch, der durch das Weltall fliegt.

Das ist kühner, aufregender Beethoven. Diese Siebte ist ein glühender Block heißen Atems. Es ließen sich weitere Beobachtungen anführen. So die heftigen motivischen Überlagerungen in Durchführung und Coda im Finale, so die Piano-Fahlheit ebenda.

Bei allem ist verblüffend, wie das Orchester mitträgt und “mitkann”. Paukist Wieland Welzel darf sich auf die Schulter klopfen.

Letzte Anmerkung zur Siebten: Es fällt auf, dass das Tempo im Finale nicht exorbitant ist. Abbado war viel schneller. Muti und Karajan waren – dem Gefühl nach – ein bissl schneller. Doch bei Rattle ist das Drama exorbitant. Rattle ist näher dran an Furtwängler.

Beethoven Sinfonie Nr. 4

Auch die Vierte scheint rascher genommen als schon von Rattle gehört. Das ist fast Abbado-artig geschwind. Selten klang der schöne, zweitaktige Legato-Gedanke der Streicher direkt vor dem Schluss-Crescendo der Einleitung so nervös, ja zerfahren. Das Adagio ist äußerst geschwind – dennoch darf sich das zweite Thema (Klarinette) dehnen. Im Finale ist die Straffheit so angezogen, dass die Tektonik zu knirschen beginnt. Jeder Ton ist Materialstrapaze. In diesem Tempo sind die 25 Sechzehntel der berüchtigten Fagottstelle der Reprise purer Fagott-Horror. Stefan Schweigert meisterte sie bravourös, doch man hielt den Atem an. In der Coda tauchen die Sechzehntel nochmals auf. Diesmal darf der Klarinettist ran (Wenzel Fuchs).

Fazit:

Die messerscharfen Philharmoniker servieren ausgekochten Beethoven. Simon Rattle nutzt die Gelegenheit, die sich mit dem Beethovenzyklus, wahrscheinlich seinem letzten als Boss, mit Schwung und Sicherheit. Die Siebte erscheint an diesem Donnerstagabend monothematisch und monolithisch. Auf jeden Fall wird heute Abend die 200 Jahre alte Kulturtechnik des Beethovensinfoniekonzerts neu belebt.

Die Kontrabässe stehen übrigens links hinter den ersten Geigen (vier bei der Vierten, sechs bei der Siebten). Zweite Geigen rechts. In der Mitte links Celli und rechts Bratschen. So auch schon bei der Beethoven-Vierten 2010. Und so auch Harnoncourt bei seiner Fünften 2011.


Wladimir Jurowski wird Nachfolger von Marek Janowski beim RSB

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Wladimir Jurowski Chefdirigent RSB

Jung, erfolgreich, Chef: Wladimir Jurowski ist designierter Chefdirigent des RSB / Quelle: rsb-online.de

Wladimir Jurowski wird Nachfolger von Marek Janowski beim Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin. Das teilte das RSB mit. Jurowski wird das Orchester ab der Saison 2015/2015 leiten. Seitens des Orchesters spricht man von einem Wunschkandidaten. Jurowski leitete beim RSB zuletzt eine Aufführung der Sinfonie Nr. 3 von Alfred Schnittke. Marek Janowski teilte im Frühjahr mit, dass er seinen bestehenden Vertrag nicht verlängern wolle.

Jurowski stammt aus Russland und ist 1972 geboren. Ausgebildet wurde Jurowski unter anderem in Dresden und Berlin. Jurowski war Assistent von Yakov Kreizberg an der Komischen Oper Berlin. Besonders bekannt ist Jurowski in Großbritannien. Er war Künstlerischer Leiter des Glyndebourne Festival und ist gegenwärtig Chefdirigent des London Philharmonic Orchestra. Er lebt in London und Berlin.

Ähnlich wie die Berliner Philharmoniker in der laufenden Saison kein Konzert mit dem zukünstigen Künstlerischen Leiter Kirill Petrenko spielen werden, wird es beim RSB 2015/2016 allem Anschein nach kein Konzert unter der Leitung von Jurowski geben. Jurowski wird in dieser Saison die Premiere der Prokofjewoper Der Feurige Engel an der Bayerischen Staatsoper leiten.

Mit der Wahl Jurowskis wurde kurz nach der Designierung von DSO-Chef Robin Ticciati binnen kurzem die Neubesetzung von zwei der wichtigsten Berliner Musikposten entschieden. Bereits im Juni hatten die Berliner Philharmoniker Kirill Petrenko zum Nachfolger von Simon Rattle gewählt.



Kritik Simon Rattle Beethovenzyklus 2015: Beethoven Sinfonie Nr. 3 & 1

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Berliner Philharmoniker Joaquín Riquelme Beethovenzyklus

All-in-One (week) ist gleich Nine-in-Five (days). Wenn hier mal die drei Ausrufezeichen nicht für starke Vorfreude stehen / Quelle: twitter.com

Der neue Berliner Beethovenzyklus. 9 Sinfonien.

Die Konstanten dieses Zyklus sind aufgefrischte Tempi, zusammengepresste Orchesterschläge, opaker Tutti-Klang. Bei den Streichern herrscht Strich statt Plüsch. Die allgemeine Haltung ist die hartnäckiger Beethovenerkundung.

Rattle macht es sich nicht leicht, und uns auch nicht. Das tat er (fast) nie.

Es handelt sich um ein Beethoven-Vollbad auf stetig hohem Stressniveau.

Beethoven Sinfonie Nr. 3

Rattles Halbgott ist das Sforzato. Man hört Sforzati in den mitreißendsten Erscheinungsformen. Und die Durchführung der Dritten ist der Wahnsinn. Es gibt auch Ungeheuerlichkeiten in der Coda. Im Adagio assai höre ich Musik, die klingt wie abgenagte Knochen. Am Ende ist das Prozess pur. Melodie follows function.

Rattles Strategie: Der Hörer soll nicht glauben, er wohne einer Wiedergabe einer Beethovensinfonie bei. Nein, er erlebt vielmehr nichts weniger als die eigentliche Entstehung der Dritten – Rattles Interpretationen haben ja seit jeher diesen Live-Charakter. Die größte Überraschung heute Abend ist indes das Finale der Dritten. Das Finale wirkt weder zu lang – wie so oft – noch zu kurz.

Simon Rattles Losung ist ein deutliches Nein zum Großspursymphoniker. Rattle will den Essenzsymphoniker.

Beethoven Sinfonie Nr. 1

Bei Rattle ist die hübsche Erste ein giftiges, kleines Biest. Man kann interessante Beobachtungen machen, unter anderem die, dass die Coda des ersten Satzes wohl das Konventionellste ist, das Beethoven im sinfonischen Genre hervorgebracht hat – das gilt zumindest für die Takte nach dem ersten Fortissimo. Ansonsten kann man die erste Sinfonie eine sehr energische Studie in Sachen Sonatenallegro nennen. Dennoch ist sie voll edler Musikalität. Am beeindruckendsten ist heute das Menuett. Echt Beethovensche Blitze zucken. Es ist etwas Eindimensionales in dieser Sinfonie Nr. 1. Auf die Vernetzungsstrategie, die dann die Zweite und vor allem die Dritte so aufregend machen, scheint Beethoven erst nach Fertigstellung der Ersten gekommen zu sein. Im Finale führt Rattle mit Geschick die Verbindung von Klassizismus und Temperament vor.

Die Philharmoniker beweisen ihre außerordentlichen Fähigkeiten. Sie werden ihrem Ruf gerecht.

Großartiges Konzert.


Simon Rattle dirigiert Beethoven 5 + 2

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Heute Abend ist Stabrawa Konzertmeister.

Sinfonie Nr. 2

Die Zweite ist Beethovens Geniestreich im sinfonischen Genre. Vom Mindset her ist die 2. feurig, und sie ist reich an Nebengedanken. Die Crescendi, in der Ersten noch ganz freie, ziemlich nervöse Energie, tragen in der Zweiten alle Zeichen kalkulierter Wildheit. Die Coda (1. Satz) war im Uraufführungsjahr 1803 die gigantischste, die es je gegeben hatte, und sie ist die erste Vertreterin tumultuarischer Symphonik bei Beethoven. Rattle realisiert das wilde Vorpreschen exzellent.

Der lyrische Satz der 2. ist besonders kleinräumig entfaltet. Es gibt Passagen, da ändert sich die Dynamik fast so häufig wie beim jungen Ivo Pogorelich (Beethoven, späte Sonaten). Rattle will Wachheit, nicht Versenkung. Er will subtile Holzbläser. Er will Drama.

Scherzo und Trio organisiert Rattle anders. Es klingt nach Intermezzo. Nach spielerischer Kraftfeldanalyse. Im Finale hat Beethoven gleich drei Themen eingebaut. Das dritte Thema Rattle spielt als EIN Strom. Ziel von Orchester und Dirigenten ist es, mit entmutigend hoher Geschwindigkeit eine abgrundtiefe Lebendigkeit darstellen. Es gelingt.

Sinfonie Nr. 5
Die Fünfte hat mir nicht gefallen. Beethoven nahm sich im Finale tatsächlich 45 Takte, um zu testen, wie lange eine Schlusskadenz maximal dauern kann.

Ungeachtet der bemerkenswerten Interpretation durch die Musiker zeigt die Ouvertüre Leonore Nr. 1, dass Beethoven, wenn er Theatermusik komponierte, gerne volkstümliche Wendungen bevorzugte und zudem eine lockere Reihung der Gedanken für geeignet hielt, um das Publikum nicht zu ermüden.

Rattles Beethoven ist boiled down to Tempo, Akzent, Gefühl.


Beethoven Sinfonie Nr. 6 & 8

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Sinfonie Nr. 8

Die Achte zählt zu den besten des Zyklus. Rattle stockt das Orchester auf im Vergleich zur Vierten. Die Vierte ist luftiger, die Achte massiver.

Erste Überraschung: Rattle lässt bei der Verblendung der Streicherlinien produktive Unschärfe zu. Das gab es schon bei der Vierten, aber heute Abend ist es noch hörbarer. In Verbindung mit dem hellen Klangbild der Achten schlägt sich dies in einer Art Nimbus-artigem Glanz beim Höreindruck nieder. Nach Rattles Tempo in einigen früheren Sinfonien (Bild: “Irre – Rattles Rekordjagd bei Beethoven”) ist hier das Beethoventempo “normal”, nur ein ganz bissl schneller als bei Bernstein und Karajan.

Zweite Überraschung: Im Hauptteil der Durchführung erlaubt sich Rattle eine kleine, feine dynamische Manipulation. Der Themenkopf wandert hier erst durch Celli und Bässe, dann sind die zweiten Geigen plus Klarinetten im Wechsel mit den restlichen Holzbläsern dran, dann Holzbläser plus erste Geigen (hier übrigens die schwungvolle Stelle, die visionär den Höhepunkt der Durchführung in Schumanns Zweiter vorwegzunehmen scheint) und DANN 16 Takte, in denen nur erste Geigen und Bässe den Themenkopf spielen. Und diese 16 Takte gliedert Rattle in vier Vierergruppen, die er jeweils deutlich dynamisch absetzt. Wow. Das habe ich noch nie so gehört. Das steht nicht in den Noten. Aber es ist sehr eindrucksvoll. Fantasielose Dirigenten dirigieren hier so, als sei Beethoven nach dem Höhepunkt die Inspiration ausgegangen.

Das Trio ist das gesungenste der Sinfonien, ein Melodie-Moment, der bleibt. Hallo, Beethoven, wie schön ist das denn? Zu Beginn des zweiten Trio-Teils, da wo traumhaft moduliert wird, klingt es wieder nach Schumann.

Sinfonie Nr. 6

Während des Konzertes grübele ich darüber nach, bei welchen Fagottstimmen Debussy an saufende Kühe dachte (Kritik Orchestre Lamoureux, Felix von Weingartner, 1903). Als jene oktavierten punktierten Viertel kommen, die den gutmütigen Hintergrund für Variationen über den Themenkopf der Klarinette bilden, denke ich: Aha!

Das abschließende Allegretto bringt dann diese esoterisch inspirierte Entspanntheit, die in dem sanftem Glühen der Höhepunkte gipfelt. Wobei: sanftes Glühen – pfff… besser gesagt: in dem intensiven Strahlen der Höhepunkte gipfelt. Das zweite Thema hat die Einfachheit eines Kinderliedes (oder des Freudethemas der Neunten). Das ist musikalische Alchimie. Bei Rattle phänomenal: Wärme und Komplexität des orchestralen Unterfutters. Sprich des Mitklingens und Mitarbeitens jener Stimmen, die nicht in vorderster Front tätig sind.

Zwei Beobachtungen: Die Durchführung der Sechsten dürfte den Rekord halten, was das Bestreiten einer möglichst großen Anzahl von Takten mit einem einzigen Motiv angeht. Und in der Pastorale wollte Beethoven ausprobieren, ob eine Sinfonie ohne lärmende Kadenzen und ohne energische Durchführungen überhaupt Sinn ergibt.

Und wie romantisch wirkt der frei sich entfaltende Hornklang!

Die Sechste liegt Rattle. Sie lag ihm schon immer. Sie wird ihm liegen, wenn er die Philharmoniker 2045 vom Rollstuhl aus dirigieren wird. Darauf wette ich zwanzig Flaschen Fuller’s London Porter (“rich, dark and creamy”).


Kritik Berliner Philharmoniker: Giovanni Antonini & Piotr Anderszewski Klavierkonzert c-Moll KV 491 & Haydn

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Berliner Philharmoniker Giovanni Antonini Haydn Mozart Anderszewski

Giovanni Antonini dirigiert, Piotr Anderszewski spielt / Foto: berliner-philharmoniker.de

Nette Berliner Dopplungen: Innerhalb von drei Tagen höre ich zwei Mal die Sinfonie mit dem Paukenwirbel (am Montag mit Dudamel). Noch verlockender ist freilich, innerhalb von drei Tagen drei Mal die Alpensinfonie zu hören, grad als wär Berlin ein Vorort von Garmisch (Dudamel Montag, Thielemann Dienstag, Nelsons Mittwoch). Nun aber zu Dirigent Antonini und Pianist Anderszewski.

Piotr Anderszewski spielt Mozarts c-Moll-Konzert KV 491. Piotr Anderszewski sieht aus wie oberes Management im Internet-Business. Mir spielt Anderszewski zu weichlinig.

Hier eine Bewertung auf einer Skala von 10 bis 1. 10 entspricht… sagen wir Emil Gilels

  • Schönheit des Tons: 6
  • Unverwechselbarkeit des Anschlags: 3
  • Rhythmische Energie: 2
  • Fingerläufigkeit: 8
  • Rubati: 2
  • Spontaneität: 7
  • Kadenz: 2
  • Dramatisches Flair: 3
  • Gedankentiefe: 3

Antoninis Substitut-durchsetzte Philharmoniker spielen spreewasserklar. Na, wem das reicht. Die Holzbläser blasen a bissl zu pittoreske Dupfer. Anderszewskis Zugabe waren die drei attacca zu spielenden Bartók-Lieder Sz. 35a.

Von Haydn hört man die Sinfonien Nr. 101 und 103. Heute Abend ist es Antoninis hauptsächliches Verdienst, eine Note anders klingen zu lassen als die vorangegangene. Wunderschön das Trio der Paukenwirbel-Sinfonie. Aufatmen im Finale von 103 – die Musiker zeigen endlich Knappheit, Schärfe UND Spontaneität.

An der Soloflöte Mathieu Dufour (der neue Blau), dessen Brauen ein Spiegel der Herausforderungen sind, die die Partitur für ihn und sein Instrument bereithält. Giovanni Antonini, der nicht ganz so verwegen aussieht wie er auf dem Agenturfoto scheint, vollführt beidarmige Bewegungen, als würde er sein Jackett wieder auf die Schulter schütteln wollen. Ein vollbärtiger junger Mann sitzt im Orchester. Die erste Hipster-Violine bei den Philharmonikern.


Kritik Dudamel Strauss Alpensinfonie: Staatskapelle Berlin

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Staatskapelle Berlin Gustavo Dudamel Probe Twitter

Die Staatskapelle Berlin probt mit Gustavo Dudamel die Alpensinfonie / Foto: facebook.com/staatskapelle

Wer meint, die tatsächliche Existenzberechtigung von Strauss’ Alpensinfonie sei das Erkunden von Maximalschalldruckpegeln von Sinfonieorchestern, irrt. Die Alpensinfonie wirft nicht minder Geschmacksfragen auf. Produziert die Strauss’sche Ästhetik hier Alpentrash? Gar eine Art symphonisch upgesizeten Kastelruther-Spatzen-Stils? Man weiß es nicht genau. Jedenfalls ist die Alpensinfonie, eine feinfühlige Variation des bekannten “per aspera ad astra” zu “per Latschenkiefern ad Gipfelstulle und Weizenbier”, womöglich Ziel- und Endpunkt der tonal fundierten Symphonischen Dichtung überhaupt.

Natürlich steckt das Werk voll Genialität. Da ist Gustavo Dudamel recht am Ort. Das Alphatier-Gehabe des Blechs sorgt für entspannte Lockerheit im Hirn. Das dem Werk innewohnende, zyklisch inspirierte Vor- und Rückpendeln zwischen b-Moll-Nacht und A-Dur-Sonne glückt heute Abend in alpenhafter Weite. Die glühenden Streicher führen in die Substanz des Werkes. Und Dudamels Gespür für Spannungsentfaltung sorgt für Konzentration und Prozess. Blühend ist das Farbenspiel der Bläser.

Wer jetzt noch über Stellen von fragwürdigem Geschmack meckert, kriegt von Dudamel eine Maß spendiert.

Vor der Pause die Passacaglia von Webern und Haydns 103er.

Weberns Passacaglia op. 1 ist ein glänzendes Stück. Es wirkt so frisch wie 1908 (Strauss brütet über Elektra). Die Passacaglia fängt leise an und hört leise auf, in der Mitte ein Höhepunkt – das Modell gibt das Lohengrinvorspiel vor (Die Passacaglia hat drei – heute Abend fabelhaft erhitzte – Höhepunkte). Dies Opus 1 ist ein Stück, das “klingt”, und zwar mit aller Kompliziertheit von fraktaler Mathematik. Es steckt nachgeschmeckte Romantik und vorgeschmeckte Moderne darin. Das beißende Timbre des gestopften Blechs habe ich mir gemerkt.

Die Sinfonie Nr. 103 dirigiert Dudamel lebendig fließend. So entstehen Frei- und Spielräume für die liedhaften Gesten, für undemonstrativen, goldrichtigen Rhythmus (Seufz). Eine ganz und gar überragende Interpretation. Kein Satz fällt ab. Weitere Pluspunkte: eine entspannte Lockerheit, deutliche Farben der Streicher, wienerisch-esoterisches Legato-Pulsieren der Streicher.

Dudamel gelingt bei der Staatskapelle Berlin mehr als bei den Philharmonikern.

Ein paar Philharmoniker hören zu. Astreines Konzert der Staatskapelle.


Kritik Berliner Philharmoniker: Andris Nelsons Alpensinfonie

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Berliner Philharmoniker Andris Nelsons Alpensinfonie Gustavo Dudamel

Alpensinfoniker aller Länder, vereinigt euch: die Teilzeit-Berliner Andris Nelsons und Gustavo Dudamel / Foto: twitter.com/andris_nelsons

Nelsons dirigiert Alpensinfonie und Schostakowitsch.

Die Berliner Philharmoniker überzeugen. Nelsons injiziert ihnen einen drastisch-überwältigenden Stil. Aggressiv, scharfkantig, nicht eigentlich ekstatisch, stets kontrolliert. Energische Linien, Farbenspiel. Expressive Einzelleistungen (Dominik Wollenweber, Tamás Velenczei, Albrecht Mayer). Das Tempo ist gerne belebt. Da öffnet Nelsons jäh härtere Klangzonen (“Auf dem Gletscher”). Technischer Schnickschnack, den es auch gibt (Strauss ließ sich bei der thematischen Arbeit nicht lumpen), ist zweitrangig. Dennoch dürften die Sturzbäche des Gewitters eine der besten Fakes der Musikgeschichte sein. Und schier unglaublich die intonatorische Homogenität der acht Hörner in den Schlussabschnitten. Für “Ausklang” und “Nacht” findet Nelsons zu hellwacher Weiträumigkeit. Die Alpensinfonie als klangekstatischer Aktionsraum – Nelsons Interpretationen schließen seit je Elemente äußerster Direktheit ein.

Berliner Philharmoniker Andris Nelsons Alpensinfonie Hörner

2, 4, 6, 8, 10… ähh, viele Berliner Hörner / Foto: twitter.com/sarahwillis

Der Lette dirigiert mit der ihm eigenen gestischen Direktheit. Nelsons’ dirigiertechnische Virtuosität und seine expressionistischen Verbiegungen auf dem Podium scheinen auf faszinierende Weise einander zu bedingen. Beide sind – bei tickendem, präzisem Schlag des Stabs – inzwischen Kartenkaufargument.

Baiba Skride spielt Schostakowitschs erstes Violinkonzert als weit ausschwingenden Monolog, energisch im Ton, ernst und bestimmt in der Haltung, mit vollem Bewusstsein für Schostakowitschs große Architektur.

Gustavo Dudamel war mit der Staatskapelle näher am Geheimnis der Musik dran, agierte freier, spontaner, menschlicher. In Dudamels Interpretation lebt noch Nachklang vom romantischen Freischütz-Ton.

Christians Thielemanns Alpensinfonie habe ich nicht gehört. Doch wer Thielemanns Bruckner kennt, kann sich vorstellen, wie Thielemann am Dienstag dirigierte. Altmeisterlich versiert, etwas goldig-behäbig, in den Kulminationsstellen von prasselnder Wucht. Thielemann dirigierte, als wär die Alpensinfonie von 1915. Richtig – aber nicht spannend. Stimmt’s?


Kritik Verdi Requiem RSB Rundfunkchor Berlin

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RSB Verdi Requiem

Marek Janowski, Günther Groissböck, Stefano Secco, Marina Prudenskaya, Hulkar Sabirova sowie RSB und Rundfunkchor Berlin / Foto: facebook.com/rsbOrchester

Verdi-Requiem.

Unter Marek Janowski durchmessen RSB und Rundfunkchor Berlin plus Gesangssolisten das Verdi-Requiem.

Der Hörer wird durch Klangräume erlesener Dolcissimo-Hochflächen, extrovertiert-aggressiver Klangblöcke und schwungvoller Crescendi hindurchgeführt. So macht Verdi den Tod zu Klang. Jede Sekunde aufwärts ein Himmelsblick, jede Sekunde abwärts ein Seelenseufzer.

Das Wort von der Messa da Requiem als der schönsten Oper Verdis verkennt, dass der Großteil des Werks aus Ensemblenummern von komplizierter Faktur besteht.

Fehlende künstlerische Sorgfalt bei der Trauerarbeit kann man dem Solistenquartett nicht nachsagen. Hulkar Sabirova lässt ihren perlmuttartig schimmernden Sopran leicht über dem Chor schweben. Sie besitzt weicheren Lyrismus als Krassimira Stoyanova besaß, die das Requiem am gleichen Ort unter Jansons mit spezifischerem Klang sang. Marina Prudenskaya bringt das dunkle Timbre ihres Mezzosoprans ein. Prudenskaya verfügt über die leidenschaftliche Grandeur einer Mezzosopranistin. Stefano Secco bewältigt die Tenorpartie mit metallischen Glanz und dynamischer Sorgfalt. Im Ingemisco hört man eine nicht allzu große Stimme voller Helligkeit, Frische und Klarheit, tonschön auch in der Halbstimme – einige Aspirierungen bei Triolenfiguren stören, das zweimalige Spitzen-B kann freier klingen. Über Günther Groissböck – in diesem Jahr der beeindruckendste Orest weit und breit und der (weltweit) beste Fasolt – kann man (fast) alle anderen Requiem-Bässe vergessen. Reich und nobel im Klang, hat die körnige Bassstimme einen metallischen Kern und wird superb geführt.

Der Rundfunkchor Berlin singt (fast) schöner als der Tod erlaubt. Marek Janowski leitet die sehr sorgsame Aufführung als strenger Gebieter, in der rechten Hand den präzise auf und ab hüpfenden Stab, während die linke Hand größere Freiheiten genießt. Sie darf in kreisrunden Bewegungen animieren. Die Schleusen des Dies Irae öffnet Janowski mit beiden Händen. Der Gesamtduktus des Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin ist getragen. Eine große Ehrlichkeit des Ausdrucks herrscht vor.



Saison 2015/2016 Bayerische Staatsoper München: Premieren mit Jonas Kaufmann, Anja Harteros, Anna Netrebko

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Bayerische Staatsoper Boito Mefistofele

Bayerische Staatsoper: Boito Mefistofele / Foto: staatsoper.de/stueckinfo/mefistofele/

Premieren von Verdi, Boito, Prokofjew, Britten sowie Wagner und Miroslav Srnka bringt die Bayerische Staatsoper München in der Saison 2015/2015.

  • Die Premieren

Roland Schwab führt Regie in MEFISTOFELE von Arrigo Boito. René Pape singt die Titelpartie. Omer Meir Wellber dirigiert. Joseph Calleja verkörpert Faust, Kristine Opolais Margherita. Premiere: 24.10.2015.

In DER FEURIGE ENGEL (Prokofjew) sind Evgenij Nikitin, Evelyn Herlitzius und Okka von der Damerau zu hören. Wladimir Jurowski leitet. Regie führt Barrie Kosky.

Kirill Petrenko dirigiert die Premiere von SOUTH POLE von Miroslav Srnka. Zu den Darstellern zählen Rolando Villazón und Tara Erraught. Für die Neuproduktion zeichnet Hans Neuenfels verantwortlich.

UN BALLO IN MASCHERA: Zubin Mehta dirigiert. Riccardo ist Piotr Beczala, Amelia Anja Harteros. Renato Simon Keenlyside, Ulrica Tamura Okka von der Damerau sowie Oscar Sofia Fomina. Regie führt Johannes Erath.

Róbert Alföldi wird ALBERT HERRING (Britten) inszenieren. Es singen u.a. Iris van Wijnen, Deniz Uzun und Johannes Kammler. Am Pult steht Oksana Lyniv.

David Bösch führt Regie MEISTERSINGER VON NÜRNBERG. Wolfgang Koch ist Sachs, Jonas Kaufmann Stolzing, Sara Jakubiak Eva, Christof Fischesser Pogner. Kirill Petrenko dirigiert. Premiere: 16.5.2016.

Bertrand de Billy dirigiert in einer Neuproduktion von Calixto Bieito LA JUIVE von Halévy. Die Titelheldin singt Kristine Opolais. Roberto Alagna ist Eléazar. Premiere: 26.6.2016.

  • Das Repertoire

Strauss

ARABELLA: Kurt Rydl ist Graf Waldner, Doris Soffel Adelaide, Anja Harteros Arabella, Mandryka Thomas J. Mayer, Zdenka Hanna-Elisabeth Müller. Regie führte Andreas Dresen. Dirigent ist Constantin Triks.

Bayerische Staatsoper Strauss Arabella Anja Harteros Hanna-Elisabeth Müller

Bayerische Staatsoper Strauss Arabella: Anja Harteros und Hanna-Elisabeth Müller / Foto: https://www.staatsoper.de/staatsoper/stueckinfo/arabella.html

In ELEKTRA singen Evelyn Herlitzius die Titelpartie, Gabriele Schnaut ihre Mutter Klytämestra, Anne Schwanewilms ihre Schwester Chrysothemis. Aegisth ist Ulrich Reß, Orest René Pape. Am Pult steht Simone Young.

Bayerische Staatsoper Strauss Rosenkavalier Anja Harteros

Bayerische Staatsoper Strauss Rosenkavalier: Anja Harteros / Foto: https://www.staatsoper.de/staatsoper/stueckinfo/der-rosenkavalier.html

ROSENKAVALIER: Kirill Petrenko (Leitung), Anja Harteros, Daniela Sindram, Hanna-Elisabeth Müller, Günther Groissböck.

Wagner

RING DES NIBELUNGEN: Andreas Kriegenburg (Regie)

WALKÜRE: Simone Young (Leitung), Klaus-Florian Vogt, Anja Kampe, Peter König, Thomas J. Mayer, Daniela Sindram.

Bayerische Staatsoper Wagner Walküre Klaus-Florian Vogt

Bayerische Staatsoper Wagner Walküre: Klaus-Florian Vogt / Foto: staatsoper.de/stueckinfo/die-walkuere/

GÖTTERDÄMMERUNG: Kirill Petrenko (Leitung), Lance Ryan, Petra Lang, Anna Gabler, Hans-Peter König, Christopher Purves, Michaela Schuster.

LOHENGRIN: Lothar Koenigs (Leitung), Richard Jones (Regie), Klaus-Florian Vogt, Edith Haller/Anne Schwanewilms, Thomas J. Mayer/Evgenij Nikitin, Petra Lang/Evelyn Herlitzius, Günther Groissböck/Christof Fischesser.

Bayerische Staatsoper Wagner Lohengrin Klaus-Florian Vogt

Bayerische Staatsoper Wagner Lohengrin: Klaus-Florian Vogt / Foto: https://www.staatsoper.de/staatsoper/stueckinfo/lohengrin.html

Mozart

FIGARO: Ivor Bolton (Leitung), Dieter Dorn (Regie), Markus Eiche, Ildebrando D’Arcangelo, Guanqan Yu, Tara Erraught, Anett Fritsch.

Bayerische Staatsoper Mozart Don Giovanni

Bayerische Staatsoper Mozart Don Giovanni / Foto: https://www.staatsoper.de/staatsoper/stueckinfo/don-giovanni.html

DON GIOVANNI: James Gaffigan (Leitung), Stephan Kimmig (Regie), Erwin Schrott, Marina Rebeka/Albina Schagimuratowa, Véronique Gens/Dorothea Röschmann, Dimitri Korchak/Pavol Breslik.

COSÌ FAN TUTTE: Constantin Trinks (Leitung), Dieter Dorn (Regie), Paolo Fanale, Michael Nagy, Golda Schultz, Angela Brower, Christoper Maltman.

DIE ZAUBERFLÖTE: Asher Fisch (Leitung), August Everding (Regie), Georg Zeppenfeld, Mauro Peter, Albina Schagimuratowa, Hanna-Elisabeth Müller, Alex Esposito, Leela Subramaniam.

Puccini

Bayerische Staatsoper Puccini Manon Lescaut Kristine Opolais Jonas Kaufmann

Bayerische Staatsoper Puccini Manon Lescaut: Kristine Opolais Jonas Kaufmann / Foto: https://www.staatsoper.de/staatsoper/stueckinfo/manon-lescaut.html

MANON LESCAUT: Asher Fisch (Leitung), Hans Neuenfels (Regie), Ermonela Jaho, Brandon Jovanovich, Rodion Pogossow.

TURANDOT: Asher Fisch/Dan Ettinger (Leitung), Luc Bondy (Regie), Elena Panktratowa/Nina Stemme, Yonghoon Lee/Johan Botha, Golda Schultz/Maria Agresta.

TOSCA: Kirill Petrenko/Karel Mark Chichon (Leitung), Luc Bondy (Regie), Sondra Radwanowsky/Anja Harteros, Jorge de León/Jonas Kaufmann, Ambrogio Maestri/Bryn Terfel.

Verdi

Bayerische Staatsoper Verdi Rigoletto Franco Vassallo

Bayerische Staatsoper Verdi Rigoletto: Franco Vassallo / Foto: https://www.staatsoper.de/stueckinfo/rigoletto/

AIDA: Dan Ettinger (Leitung), Christof Nel (Regie), Jonas Kaufmann, Anna Smirnowa, Krassimira Stojanowa.

IL TROVATORE: Paolo Carignani (Leitung), Olivier Py (Regie), Yonghoon Lee, Anja Harteros, Anna Smirnowa, Vitali Bilyy.

Bayerische Staatsoper Verdi Trovatore Jonas Kaufmann

Bayerische Staatsoper Verdi Trovatore: Jonas Kaufmann / Foto: https://www.staatsoper.de/staatsoper/stueckinfo/il-trovatore.html

RIGOLETTO: Daniele Rustioni (Leitung), Arpad Schilling (Regie), Yosep Kang, Franco Vassallo, Patricia Petibon.

LA TRAVIATA: Andrea Battistoni/Marco Armiliato (Leitung), Günter Krämer (Regie), Maria Agresta/Sonja Yontschewa, Francesco Demuro/Rollando Villazón, Luca Salsi/Simon Keenlyside.

Sonstige Komponisten

Bayerische Staatsoper Berg Lulu Bo Skovhus Marlis Petersen

Bayerische Staatsoper Berg Lulu: Bo Skovhus und Marlis Petersen / Foto: https://www.staatsoper.de/staatsoper/stueckinfo/lulu.html

LULU: Kirill Petrenko (Leitung), Dimitri Tscherniakow (Regie), Marlis Petersen, Daniela Sindram, Matthias Klink, Rainer Trost, Bo Skovhus, Martin Winkler.

NORMA: Paolo Carignani (Leitung), Jürgen Rose (Regie), Carmen Giannattasio, Aleksandrs Antonenko, Angela Brower.

CARMEN: Dan Ettinger (Leitung), Lina Wertmüller (Regie), Elena Maximowa, Brandon Jovanovich, Ildebrando D’Arcangelo, Angela Brower.

Die Repertoire-Vorstellungen sind lediglich eine Auswahl. Das ganze Programm der Bayerischen Staatsoper München für die Saison 2015/2016 gibt es hier.


Staatsoper Berlin Premiere Figaro Preview

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Die aktuelle Premierenkritik von Le Nozze di Figaro im Berliner Schillertheater lesen Sie hier.

Staatsoper Nozze di Figaro Prohaska D'Arcangelo

Er mit Brille, sie mit Hütchen: Lauri Vasar & Anna Prohaska / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de

Staatsoper Nozze di Figaro Anna Prohaska

Anna Prohaska in voller Aktion / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de

Staatsoper Nozze di Figaro EnsembleStaatsoper Nozze die Figaro Ensemble

Lamellen-umhegte Sommerfrische im Hause Almaviva / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de

Staatsoper Nozze di Figaro Prohaska Röschmann

Ab die Post: Anna Prohaska und Dorothea Röschmann im Sauseschritt / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de

Staatsoper Nozze die Figaro 2

Un’ jetzt noch die S-Bahn für’n Hauptbahnhof bekommen: Marianne Crebassa ist Cherubino / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de

Staatsoper Berlin Nozze di Figaro Anna Prohaska Marianne Crebassa

Arithemtik der Liebe: Anna Prohaska zurück, Marianne Crebassa vor / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de

Staatsoper Nozze di Figaro Anna Prohaska

Weißer Hut, rotes Haar, Rang 1 vorne rechts fest im Blick: Anna Prohaska ist Susanna / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de

Staatsoper Nozze di Figaro KLEIN Anna Prohaska Ildebrand D Arcangelo

Achtung, Gatte kommt von oben: Dorothea Röschmann und Ildebrando D’Arcangelo / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de


Kritik Figaro Premiere Staatsoper Berlin: Dudamel, Röschmann, Prohaska, D’Arcangelo, Vasar, Crebassa

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Staatsoper Nozze di Figaro Prohaska Röschmann

Schneller als die Badeente erlaubt: Anna Prohaska und Dorothea Röschmann lassen die Sau raus / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de

Jürgen Flimm inszeniert.

Willkommen in der Knickebocker- und Reisekisten-Ära. Mein Kopfkino sieht Gerhart Hauptman auf Usedom. Herrje. 20er Jahre, richtig? 

Die Regie entschied sich für eine Verortung von Mozarts tollem Tag in einem Lamellen-umhegten Sommerfrischeraum (Bühneninvention Magdalena Gut) und setzt dramaturgisch-personenregie-mäßig voll auf Klamauk und Slapstick. Besonders schlimm erwischt es den narzisstischen Grafen. Der stolpert, wo er steht und geht, und erlebt ein Missgeschick nach dem anderen in seinem Lieblingsrequisit, einer unschuldigen Strandliege. Das sind Regisseurs-Gags. Neben mir wird laut gelacht.

Flimms inszenatorische Nase wittert im Mozart-Figaro die Nähe zum Rossini-Barbiere.

Aber ich werde den Eindruck nicht los, dass Flimm an Mozart herumpinselt, ohne dass es um Tieferes, Existenzielles geht. Ich sehe Buffa-Personen, keine Menschen. Das Beaumarchais-Tempo fehlt. Das turbulente Buffa-Versteckspiel um poveretto Cherubino im zweiten Akt wurde schon eleganter gelöst als heuer durch das endlose Herumschieben eines rollenden Kleiderschranks. Ähnliches lässt sich für das Quid pro quo des vierten Aktes sagen. Aus der Spannung ist die Luft raus – man sieht, was man kennt, nur halt ein ganz a bissl anders als man’s schon kennt. Aber Hand aufs Herz, Flimms detailverliebter Ponte-Figaro ist repertoire-tauglich und unterhaltsam.

Staatsoper Nozze di Figaro EnsembleStaatsoper Nozze die Figaro Ensemble

Yeah, Knickebocker: Wie sexy ist das denn! / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de

Bühnentechnisch die einzige Überraschung ist das Einschieben der feinen Hügellandschaft im vierten Akt, die von einem für meinen Geschmack zu hellen Mondlicht beschienen wird.

Doch ich bleibe dabei. Es ist eine Regie, die Nonchalance, Heiterkeit und womöglich auch Tiefgründigkeit anvisiert und mitunter unversehens Leerlauf erntet. Der Flimm-Figaro ist eine Spur unverbindlich.

Die Sänger.

Staatsoper Nozze di Figaro Ildebrand D Arcangelo

Mit Fliegerbrille sieht man einfach besser aus: Ildebrando D’Arcangelo / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de

Conte Ildebrando D’Arcangelo ist ein prachtvoller Trottel, wie er im Buche steht. Dieser Almaviva hat das Fremdgehen so verinnerlicht wie Pavarotti einst das hohe C. D’Arcangelos markanter Bariton verbindet maskuline Energie und dynamisch delikat gestufte Kantabilität (Allegro-maestoso-Arie “Vedrò mentre io sospiro”).

Staatsoper Nozze di Figaro Anna Prohaska Dorothea Röschmann Marianne Cabassa

Hör immer auf das, was dir die Röschmann sagt: Marianne Crebassa sieht aus wie nach dem zehnten Likör / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de

Die entzückende Contessa der Dorothea Röschmann ist eine dauerfrustrierte Gräfin in den besten Jahren und extrem liebesbedürftig. Die reiche Textur der Stimme entzückt. Die Färbung der Stimme ist auf beinah jedem Ton anders. Ein Genuss sind Röschmanns Rezitative, eine unlösbare Einheit von singender Deklamation und deklamatorischem Singen bis hin zu jenem erotisch timbrierten, hochvirtuosem gutturalem Gegacker, das Frau Röschmanns Darstellungen von Mozart-Frauen so unwiderstehlich macht. Sie singt ein balsamisches “Dove sono”, das im Allegro-Teil drei stilistisch recht tollkühn ausgestellte, weil nicht in den Notenfluss eingebundene zweigestrichene a’s auf “cangiar” aufweist, was ihr aber niemand übel nimmt.

Staatsoper Nozze di Figaro Anna Prohaska Ildebrando D Arcangelo

Ey, die is ja richtig knusprig: Ildebrando D’Arcangelo vor Anna Prohaska / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de

Anna Prohaskas (Susanna) feiner Sopran gebietet über das bekannte, eigentümlich farblose Timbre, das so wundersame Faszination ausüben kann. Die Tongebung ist hinreißend fokussiert. Weiteres Charakteristikum ist das bisweilen extrem lange Einschwingen der Stimme. Prohaskas Bühnendarstellung hat – man kennt’s, man schätzt’s, man genießt’s – jenes Flair, das jede Szene erfrischt und belebt.

Staatsoper Nozze die Figaro Prohaska Röschmann Kammerloher

Kann ja nich gut gehn: Flashmob im Hause Almaviva / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de

Lauri Vasar ist als Figaro eine elegante Erscheinung, eher quirliger Doktorand als potenter Figaro, und stimmlich ein leichter, heller Bariton mit guter Tiefe, der seine prärevolutionäre Drohgebärde nur wenige Male aufblitzen lässt. Der schwerst pubertierende Cherubino findet in Marianne Crebassa seinen/ihren Meister. Crebassa lässt ihren Mezzo mit raschem, engem Vibrato über alle Register weich und dunkel-klangvoll leuchten. “Non so più” singt Crebassa mit feinem Adagioteil und bewegendem Innehalten auf der Fermate. Viel Applaus.
Katharina Kammerloher gibt der langbehosten Marcellina Appeal und Mezzo-Grandeur. Basilio ist Florian Hoffmann, Peter Maus Don Curzio, und Otto Katzameier singt als Figaro-Vater Bartolo eine gute Rachearie. Olaf Bär ist der ewig grantelnde Gärtner Antonio. Die auch stimmlich aparte Barbarina wird von Sónia Grané gesungen.

Gustavo Dudamel dirigiert einen warm atmenden, hintersinnig buffonesken Figaro. Geschlossenheit und Reife sind Hauptmerkmale. Dudamels Tempomodifikationen fügen sich organisch in den Fluss von Mozarts dramatisch-lyrischem Orchester-Parlando ein. Vom Tempo her ist das weder ruppig-rasant noch kulinarisch-zeitlupig – weder Proto-Revolution noch Wehmuts-Rokoko. Dudamel lässt frei und frank atmen, die Holzbläser dürfen lustvoll solistisches Süßholz raspeln.

Die Sinfonia war Einstimmung, nicht Zauberwunderstück. Der Solo-Fagottist brilliert mit halsbrecherischen Staccati. Die erste Szene ließ die Furcht aufkommen, dass Dudamel in den Rezitativen Sprechpausen von Harnoncourt’schen Ausmaßen – je länger je bedeutungstriefender – befürwortete. Doch rasch erwies sich, dass dies ein Fehleindruck war. Indes, einziger Einwand, Dudamels Don Giovanni an der Staatsoper – 2009 – fand ich noch zwei Stufen überwältigender.

Der gänzlich buh-freie Beifall war einvernehmlich, doch kurz.


Ligeti Aventures Nouvelles Aventures Premiere Werkstatt Staatsoper Berlin

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Aventures Ligeti

Aventures Ligeti: Lydia Brotherton, Markus Hollop, Lena Haselmann / Foto: Martin Koos / staatsoper-berlin.de

Musiktheater der Sechziger.

Werkstatt Staatsoper.

Ligetis flatterhafte Aventures und Nouvelles Aventures rahmen Kagels Sur Scène.
Die Aventures (1962) sind himmelstürmende, klassische Avantgarde. Sie atmen den simplen, kraftvollen Stil von exemplarischen Werken – Kopfsatz Beethoven 5. Nouvelles Aventures (1965) bereichern das Vorgängerwerk und lockern dabei dessen singuläre Spannungsdichte.

Ligetis Aventures-Pärchen bietet den unvergänglichen Reiz opernartiger Aktion ohne sinnhaften Text. Wenn man ehrlich ist, gibt es Vergleichbares spätestens seit Rheingold (“Wallala, weiala weia!”), aber bei weitem nicht so konsequent. Ligetis Strategie besteht darin, aus einer schwelgerischen Vielzahl genau definierter, vokaler Affektgesten ohne bekannte, textliche Bindung einen fliegenden Teppich der Inspiration und Poesie zu weben.

Aventures hält so tolle Dinge bereit wie das Einatmen “molto misterioso”. Das Libretto ist definitiv eine faszinierende Lektüre. Mauricio Kagels Sur Scène (1960) scheint auf originär musikalischer Ebene schwächer als Ligetis cooler Doppelmoppel, ist aber stärker im Offen-Konzeptionellen.

Nouvelles Aventures Ligeti

Lydia Brotherton / Foto: Martin Koos / staatsoper-berlin.de

Die Gesangsparts sind mit Lydia Brotherton (Sopran), Lena Haselmann (Mezzo) und Markus Hollop (Bariton) gut, aber nicht glänzend besetzt, sofern man noch Simon Rattles Konzert mit beiden Stücken vor vier Jahren halbwegs im Ohr hat. Markus Hollop ist für glänzende Soli verantwortlich. Schauspieler ist Felix Theissen.

Michael Höppner (Regie) ist so schlau wie wir und verlegt Aventures ins Zeitalter der Neandertaler – wenn ich die Zotteldichte der Kostüme korrekt deute. Aus drei Metern Entfernung verfolgt, trägt eine zu bluternstem Nonsens entschlossene Inszenierung wie diese stets Anzeichen von Dilettantismus. Das Schöne an dadaistischer Musik ist ja, dass der Regisseur machen kann, was er will. Heuer sehe ich Neandertaler und Irrenhausinsassen. Ich fände auch Cro-Magnon-Menschen und Frittenbudenverkäufer passend.

Max Renne leitet. Ich gestehe es, in Nouvelles Aventures bin ich froh, nach zweieinhalb Minuten ein ausgedehntes Hornsolo zu hören.


Kritik Berliner Philharmoniker François-Xavier Roth Anna Caterina Antonacci

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Berliner Philharmoniker Weihnachtsmann

OK, das sind Joaquín Riquelme und Simon Rattle und nicht Anna Caterina Antonacci und François-Xavier Roth, aber trotzdem. Und Heidi Melton gefällt’s / Foto: twitter.com

François-Xavier Roth dirigiert.

Edgard Varèses Ionisation ist schön. Aber als das Orchester bei Lullys Suite Le Bourgeois Gentilhomme ist, höre ich, dass die Behandlung des Schlagzeugs bei Lully, dem alten Haudegen, klarer und treffender ist. Die Lockerheit Franz Schindlbecks am Tamburin, das gefällt mir.

Berlioz’ Les Nuits d’été und Ravels La Valse streiten beim Publikum um den Titel “Star des Abends”. Meine Wahl fällt auf Berlioz. Punkt eins. Die Instrumentation ist sensationell. Punkt zwei. Der Mezzosopran von Anna Caterina Antonacci, der durch ein klangreiches oberes Register und ein attraktives Espressivo gefällt und gleichsam wie ein kontrolliertes Feuer brennt, das die Texte Théophile Gautiers wärmt. Die Stimme mag früher beweglicher gewesen sein; das lebhafte Vibrato deutet auf Temperament, gefährdet im Forte und Mezzoforte jedoch die Sauberkeit der Linie. Eindrucksvoll ist Antonaccis stimmliche Expansion in Le spectre de la rose und in Sur les lagunes. Unter stilistischem Gesichtspunkt könnte zu diskutieren sein, ob die Italienerin Sur les lagunes zu Recht wie eine Arie aus Don Carlo singt. In Sachen idiomatisches Französisch sowie sprachlicher Artikulation ist Frau Antonacci gut, aber pas exceptionnel, Antonacci gehört zur Fraktion “zuerst der Klang, dann die Worte”. Im Piano reißt der Atemstrom beim Phrasenende bisweilen abrupt ab. Doch das dunkel getönte, dichte Timbre der Stimme sichert der Aufführung die Authentizität.

Aber Berlioz’ Instrumentation ist sensationell. Ich muss das Zeug schon lange nicht mehr gehört haben. Wenzel Fuchs an der Klarinette (ich höre Fuchs lieber als Ottensamer. Einmal darf man so was sagen). Marie-Pierre Langlamet muss niesen.

Debussys so sicher wie locker gefügter Première Suite d’orchestre mag man die Entstehungszeit – Anfang 1880er – kaum abnehmen. Die Sätze heißen Fête, Ballet, Rêve sowie Cortège et Bacchanale. Die Instrumentation von Rêve stammt nicht von Debussy, sondern von Philippe Manoury. Schon das graziöse Fête, das konventionellste Stück, entfaltet sich frei. Ballet hat einen reizenden Mittelteil. Rêve bietet frei ausschwingende Linie. Das simpel geschnittene Motto des Blechs aus Cortège et Bacchanale offenbart erst im plastischen Schlussteil, wie gut es klingt. Die philharmonischen Streicher spielen mit Gefühl.

François-Xavier Roth hat einen Stil. Roth disponiert klar. Sein Stil führt zu sorgfältig vorbereiteten, sehnigen, linearen Ergebnissen. Lully klingt sehr gedämpft, die frischen Crescendi indes haben musikalische Fülle. La Valse kennzeichnet ein klar und kantig ausgeleuchtetes Tutti, dem man dirigentische Entschlossenheit anmerkt, ohne dass ich mich ehrlicherweise über das Ausbleiben einer zufriedenstellenden klanglichen Synthese hinwegtrösten kann. Andererseits frage ich mich während des Konzerts, wie Roths unleidenschaftliche Gestik Debussys leidenschaftlichen Klang hervorbringt.

Herr Roth kann gerne wieder kommen. Nicht unbedingt mit Bruckners Achter, aber mit Messiaen, Mendelssohn, Purcell, Strauss Till Eulenspiegel oder Don Juan. Parsifalvorspiel von Roth wäre auch hübsch.


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