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Channel: Opern- & Konzertkritik Berlin
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Kritik Staatsoper Berlin The Turn of the Screw: Maria Bengtsson

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The Turn of the Screw, Britten, Berlin Oper, Thomas Lichteneck, Maria Bengtsson

The Turn of the Screw: Thomas Lichteneck und Maria Bengtsson vor totem Karnickel / Foto: Monika Rittershaus / staatsoper-berlin-de

Ein britischer Abend.

Ein Kammeroperabend.

Brittens The Turn of the Screw ist ein Gewächs der 1950er Jahre. Minimalismus plus komprimierte Sachlichkeit. Leichtbau-Musik plus psychologische Metaebenen.

Das Sujet (Henry James) ist ein Mix aus Freud und Shining. Claus Guth inszeniert Brittens Psycho-Vexierspiel ohne Schnickschnack, aber auch ohne dem Zuschauer eine Handreichung beim anspruchsvollen Parcours durch Beziehungsebenen und Bedeutungsschichten zu geben. Hübsch, doch optisch recht massiv das Bühnenbild von Christian Schmidt.

Unter der ebenso leidenschaftlichen wie analytisch klaren Leitung von Christopher Moulds leisten die Solisten Beachtliches, allen voran die außerordentliche Maria Bengtsson als sensible Governess. Ihr Sopran leuchtet, ihr Spiel ist von zurückhaltender Intensität. Ihr zur Seite steht das rätselhafte, von Geisterwelten umsponnene Geschwisterpaar Miles und Flora, hervorragend verkörpert vom stimmlich formidablen Thomas Lichtenecker und Sónia Grané mit federleichtem Sopran.

Eindrucksvoll auch Ann Murray als dramatisch-expressive Mrs Grose. Richard Croft setzt seinen hell-viril timbrierten Tenor im Prolog sowie für den packend boshaften Peter Quint ein, und Anna Samuil ist eine starkstimmige Miss Jessel.

Sehr sehenswert, aber erwarten Sie keine Brutalo-Erotik-Thriller à la Tosca.



Kritik South Pole München Staatsoper: Hampson Villazón Erdmann Erraught Petrenko Neuenfels

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South Pole Bayerische Staatsoper München Karikatur Villazon

Rolando Villazóns graphischer Kommentar zur Uraufführung von Srnkas Oper South Pole / Foto: facebook.com/baystaatsoper/

Seltsame Opernwelt.

Kann man sich den heißblütigen Spaßvogel Rolando Villazón am Südpol vorstellen? Den kultivierten Gentleman Thomas Hampson in der Antarktis?

Miroslav Srnkas “Doppeloper” South Pole, deren Uraufführung nun an der Staatsoper München zu sehen ist, erzählt den Wettlauf zum Südpol. Srnkas Männerpolaroper – Libretto Tom Holloway, Frauen spielen da eher eine Nebenrolle – ist dabei konsequent bipolar aufgebaut: Scott gegen Amundsen. Hier Briten (in schwarz, nur Tenöre), dort Norweger (in grau, nur Baritone). Doch der Zuhörer merkt schnell, dass Männer auch bei bösen Minustemperaturen hauptsächlich über Frauen reden. Wobei diese prompt durch die psychologische Hintertüre als Traumfiguren die Bühne entern und den beiden tapferen Polarhelden das Leben in der Einsamkeit schwer machen (“You know, my bed is warm”). Zum Glück für den Zuschauer, denn trotz tiefen Einblicken ins polare Teambuilding (“Get him out of here”) oder dem einen oder anderen Kältetoten (“He is dead”) sorgt die Starre des eiswüstigen Spielraumes nicht gerade für viel Abwechslung.

Die Regie von Hans Neuenfels pocht in den glitzernden Bühnenweiten des Südpols auf exakte Ordnung. Ein Balken auf dem Bühnenboden trennt fein säuberlich Briten und Norweger. Neuenfels hasst störende Details. Er liebt optische Strenge. Er liebt klinisches Weiß. Eine gelungene Regiearbeit.

Rolando Villazón (Scott) – nett das Stupsnäschen unter der Schneebrille – erwärmt mit expressivem, intensiv deklamierendem Tenor das eisige Regie-Weiß um etliche Dutzend Grad. Die fordernde Rolle beansprucht Villazóns Kräfte hörbar. Thomas Hampson leiht Amundsen seinen superben, mächtigen Bariton sowie ein herrlich kantiges Entdeckergesicht. Mojca Erdmann, Landlady und Amundsen-Freundin, lässt versierte und eindringliche Sopranhöhen hören, während Scott-Ehefrau Tara Erraught den geliebten Heldengemahl mit betörend klarem Mezzo umsingt.

Die weiteren Polareroberer singen mit großem Engagement Tim Kuypers, John Carpenter, Sean Michael PlumbKevin Conners, Matthew Grills, Dean PowerJoshua Owen Mills und Christian Rieger.

Bayerische Staatsoper München, Southpole, Kirill Petrenko, Hans Neuenfels

Gruppenbild mit Polarforschern und zwei Damen: Briten links, Norweger rechts / Foto: twitter.com/bay_staatsoper

Die Musik?

Der freundliche, kaum durch Missfallenskundgebungen getrübte Schlussapplaus zeigt, dass die Musik des tschechischen Komponisten Miroslav Srnka beim Premierenpublikum Gefallen findet. Kein Wunder. Srnkas minimalistisches Idiom erinnert durchweg stark an John Adams Kultklassiker Nixon in China.

Srnka frickelt um die harten Polarhunde Villazón und Hampson eine federleichte Musik aus spröden Klangkokons, polyphon rieselnden Weißschleiern und Mikro-Stimmengeflechten zusammen. Srnka arbeitet mit einer Klangfarbenpalette von delikater Monochromie. Neben recht unterhaltsamen, rezitativischen Passagen, die das Singen von geographischen Koordinaten zu einer neuen Kunstform erheben, fallen die vokalen Linien auf, die sich in eklektischer, doch wohltuend wortverständlicher Kantabilität aufwölben.

South Pole Staatsoper München Uraufführung Miroslav Srnka Rolándo Villazón

Schluss mit Bibbern: Miroslav Srnka lässt sich von Rolándo Villazón bejubeln / Foto: twitter.com

Das kann mitunter blässlich-neutral wirken, findet nicht selten aber zu einer angenehm komplexen Verschränkung von cooler Simpleness und Klangtüftelei. Und doch, ist South Pole nicht einfach schrecklich langweilig? Der Rezensent ist kein Experte für Musik im antarktischen Stil, doch Miroslav Srnkas und Tom Holloways hier bitterernster und dort ironischer Polarjux scheint mir insgesamt doch etwas leichter zu wiegen als John Adams’ oben erwähntes Opernschwergewicht.

Kirill Petrenko animiert das Bayerische Staatsorchester zu einer ausgefeilten, wunderbar detailreich ausgeleuchteten Interpretation.

Thomas Hampson Amundsen South Pole Premiere Munich

Was sagt seine Frau zu dieser Passform?: Thomas Hampson im chicen Polarkostüm / Foto: twitter.com/thomashampson

Die Bayerische Staatsoper München sorgte anlässlich der Uraufführung für eine umfassende multimediale Einrahmung, die zumindest hierzulande einzigartig ist. So lässt sich eine Uraufführung zum Erfolg peitschen.

Doch warum zum Teufel redet jeder von “Welturaufführung”? Habe ich etwa die auf dem Neptun stattgefundene wahre Uraufführung von South Pole verpasst? Was soll’s. Lassen wir Arte-Moderatorin Annette Gerlach jeden zweiten Satz mit “Welturaufführung” beginnen und grämen wir uns nicht zu lange darüber, dass wir nur die Welturaufführung gesehen und die Weltallurauffürung offensichtlich verpasst haben.


Kritik Frank Martin Le Vin herbé: Anna Prohaska, Marcel Reijans

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Le Vin herbé Staatsoper Berlin Anna Prohaska

Tod im Kerzenschein: Anna Prohaska stirbt stilvoll in Le Vin herbé / Foto: Matthias Baus / staatsoper-berlin.de

Kammeroperfestival, Staatsoper Berlin.

Le Vin herbé von Frank Martin. Ein “Weltliches Oratorium” für kleinen Apparat, sieben Streicher, Klavier. 12 Singstimmen. Komponiert 1938 bis 1941.

Die Wurzeln von Le Vin herbé sind die von Wagners Tristan und Isolde. Die Akzente sind indes andere: Nach dem Liebestrank leben Tristan und Iseut als Paar im Wald. Iseut kehrt an den Hof Markes zurück. Tristan heiratet eine andere Frau. Diese verursacht Tristans Tod durch einen falschen Bericht über die Farbe des Segels des Schiffes, das Isolde zu dem verwundeten Tristan bringt.

Schillertheater Berlin Le Vin herbé Frank Martin

Regie Katie Mitchell: Le Vin herbé, Berliner Schillertheater. / Foto: twitter.com/StaatsoperBLN

Der Abend ist spannend.

Katie Mitchell führt konzentrierte Regie, die Personenführung ist sinnfällig und bis in kleine Gesten der Sänger hinein zeichenhaft. Mitchells magischer Dingrealismus unterstützt die geheimnisvolle Lakonik des Bühnengeschehens. Seegang wird so dargestellt: Arttu Kataja und Artur Grywatzik biegen sich im Rhythmus des Wellengangs hin und her. Fast kann man von einer charismatischen Keuschheit der Arbeit sprechen.

Anna Prohaskas immer schon alles wissende Iseut singt sphinxhaft hell und silbengenau. Prohaska ist darstellerisch von genauestem Umriss. Marcel Reijans’ Tristan ist kaum weniger eindringlich. Seine metallische Höhe ist für die wenigen hochdramatischen Momente verantwortlich.

Adriane Queiroz leiht der Branghien-Brangäne einen unheilschwangeren Sopran, Ludvig Lindström dem Marc (Marke) Klang und Substanz. Katharina Kammerloher gibt der Iseut mère musikalische Fülle, Virpi Räisänen der Iseut aux blanches mains, der Frau Tristans, skandinavisches Timbre.

Auch die Nebenrollen sind mit Narine Yeghiyan (Sopran 1), Stephanie Atanasov (Alt 6), Stephen Chambers (Tenor 1), Michael Smallwood (Kaherdin) und Arttu Kataja (Bass 4) sowie Artur Grywatzik (Hoël) adäquat besetzt.

Friedemann Layer leitet sehr profiliert am Pult.

Le Vin Herbé Staatsoper Berlin Marcel Reijans

Da guckt er: Tristan mit Schlips / Foto: twitter.com/marcelreijans

Frank Martins hervorragende Komposition fasst das alles in schmaler Innerlichkeit. Le Vin herbé ist so radikal in seiner Knappheit wie spartanisch in seinem Ernst und entfaltet gerade darum eine musikdramatische Sogwirkung, die sich sehen und hören lassen kann.

Die Sängersolisten sind oft chorisch gebunden: eben Ensemblewerk, keine Oper. Im Duktus der strengen Gesangslinien mag man Debussys Pelléas et Mélisande wiedererkennen, ohne dass Martin sich dem großen Franzosen unterordnen würde.

Fazit: eine durch und durch sorgfältige Leistung und eine der besten, die gegenwärtig in Berlin zu sehen sind.


Berliner Philharmoniker Simon Rattle: Figure Humaine, Les Bandar-log, Petite Musique solennelle en hommage à Pierre Boulez 90, Daphnis et Chloé

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Heute via Digital Concert Hall.

Poulencs A-capella-Kantate Figure humaine singt der Rundfunkchor Berlin nach den Gedichten von Éluard. Das Stück ist makellos, ebenso die Ausführung. Simon Rattle leitet stablos und adäquat. Nr. 2 und 6 sind von so durchsichtiger Schichtung, dass die Frauenstimmen einzeln hörbar bleiben.

Charles Koechlins heiter satirisches Les Bandar-log gehen die Berliner Philharmoniker professionell konzentriert an. Das Stück ist mehr als ein Scherzo-Jux, gerade weil es auf Kiplings Dschungelbuch verweist. Virtuose Buntheit heißt bei Koechlin auch Komplexität der Stimmen, satirische Pointierung auch solistische Präzision. Les Bandar-log ist übrigens ein kaum weniger starkes Argument für die mimetische Grundierung aller musikalischen Kunst als die Alpensinfonie. Simon Rattle dirigiert mit aller wünschenswerten Genauigkeit.

Simon Rattle Berliner Philharmoniker Koechlin Bandar-log Berlin

Simon Rattle Berliner Philharmoniker: Koechlin Bandar-log / Foto: twitter.com/KalliJari

Die Petite Musique solennelle en hommage à Pierre Boulez 90 repräsentiert Kurtágs reife Gestaltungskunst. Düsterer Schichtklang der Hornsektion und das transparente Schlagzeug bestimmen das kurze Stück. Die Boulez-Hommage – Uraufführung August 2015 – ist eine deutsche Erstaufführung.

Berliner Philharmoniker Ravel Daphins et Chloé Philharmonie Berlin

Berliner Philharmoniker: Applaus, Applaus / Foto: twitter.com/KalliJari

Vom Hauptwerk des Abends, Ravels neckischer Antiken-Symphonie Daphnis et Chloé, reicht mir persönlich immer die zweite Orchestersuite. Hat Ravel nicht interessantere Musik geschrieben? Doch klar, mais bien sûr, als Berliner Philharmoniker muss man Ravels Hypersensualismus aus Liebe zur eigenen Profession lieben. Traumverlorene Soli werden andächtig auszelebriert, Spannungs- und Entspannungsfelder fließen mit nobelpreisverdächtiger Geschmeidigkeit ineinander, und das alles ist auch noch bis aufs letzte i-Tüpfelchen von einer klangsüchtigen Delikatesse – eh bien, eines der Klavierkonzerte wäre mir lieber gewesen.

Noah Bendix-Balgley ist Konzertmeister, Andreas Buschatz neben ihm.

Fazit: drei wirklich coole Programm-Underdogs und ein Publikums-Hit.


Late Night: Milhaud La création du monde, Richard Ayres NONcerto for horn

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Berliner Philharmoniker Late Night Februar 2016 Simon Rattle

Berliner Philharmoniker Late Night / Foto: twitter.com

Berliner Philharmoniker Late Night.

Zuerst das von Mitgliedern der Berliner Philharmoniker präzise und klug hingeworfene La Création du Monde von Milhaud. Die von Jazz-Idiomen heiter zerklüftete Suite hat auch heute noch hohen Reiz.

Simon Rattle Philharmonie Berlin Late Night

Simon Rattle: schwarzer Kittel, weiße Locken / Foto: twitter.com/BerlinPhil

Richard Ayres NONcerto for horn and large ensemble feiert Aggregatzustände zwischen typisch britischem Anti-Pathos und konstruktivem Nonsens à la Ligeti. Der zuständige Verlag nennt die vom Solisten Stefan Dohr (Horn) erforderten nichtinstrumentalen Aktionen “individuelle theatralische Elemente”. Das trifft den Nagel auf den Kopf. Das Werk, das Dohr sowohl mitdenkenden Spielwitz als auch kniffeligen Stopfklang abfordert, wurde 2002 uraufgeführt. Jubel. Der Komponist ist anwesend.

Zuletzt Igor Strawinsky suchterzeugendes Dumbarton Oaks-Concerto.

Unter den Philharmonikern u.a.: Alessandro Cappone, Michael Hasel, Sarah Willis, Mor Biron, Guillaume Jehl, Alexander von Puttkamer, Gábor Tarkövi, Stefan de Leval Jezierski, Wolfgang Seyfarth, Joaquín Riquelme García, Olaf Manninger, Richard Duven, Allan Niles, Noah Bendix-Balgley. Leitung Simon Rattle.

Fazit: extrem cool, schwerelos tiefenentspannt.


Kritik Berliner Philharmoniker Rattle: Roussel Le Festin de l’Araignée, Szymanowski Violinkonzert 2 Stabrawa, Les Boréades

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Ein gelungener Abend.

Wer alle Stücke des heutigen Abends zum zweiten Mal in seinem Leben hört, darf sich nach der anstehenden Wahl zum Abgeordnetenhaus als legitimen Kandidaten für den Posten des Kultursenators betrachten. Ich höre alle zum ersten Mal.

Im Mittelpunkt steht Karol Szymanowskis optimistisches Violinkonzert Nr. 2, entstanden im pessimistischen Jahr 1932. Den Solopart spielt Daniel Stabrawa technisch und intellektuell angemessen sowie fern allem Soloexhibitionismus und nah am heiß klopfenden Herzen des Stücks. Szymanowski liebe ich (Szymanowskis Konzertouvertüre ist der souveränste aller Don-Juan-Klone, Asher Fisch dirigierte sie am selben Ort vor einiger Zeit). Das Violinkonzert des Polen kennzeichnen ein unglaublicher Schwung und eine schillernde Farbenfülle. Es ist interessant, wie Szymanowski eine Sprache entwickelt, die den Versuchungen des radikalen Strawinsky-Schönberg-Milhaud-Bartók-Komplexes im Großen und Ganzen widersteht, um sich für eine ungewöhnlich lebhafte und tadellose Symphonik mit schwingenden Konturen zu entscheiden, und das Ganze dann auch noch mit wunderbar sicherer Hand beherrscht. Für die pflichtbewussten Orchestermusiker ist dies Anlass, die so delikaten wie dicht gewebten Mittelstimmenstrukturen mit Lust am flirrenden Fließen nachzubilden.

Roussel Le Festin de l'Araignée Szymanowski Violinkonzert Rameau Les Boréades Daniel Stabrawa Berliner Philharmoniker

Daniel Stabrawa spielt Karol Szymanowskis Violinkonzert Nr. 2 / Foto: berliner-philharmoniker.de

Damit kommen wir zu Roussel, dessen Werk ich ebenfalls liebe. Nicht alle Werke dieses Komponisten sind auf so zarte Weise festlich gestimmt wie Le Festin de l’Araignée. Geschrieben 1912, folgt es dem damals innovativen Konzept “Leise anfangen, leise aufhören, dazwischen ist alles erlaubt”. Diese féérie animalière ist eine Art Biene Maja in Musik gesetzt und zeigt großes Interesse an den Eigenheiten des Lebens von Insekten. Musikalisch gesehen ist Roussels Haltung durch und durch debussyisch – subtile Motivgesten der klangsicher gesetzten Instrumente schließen sich zu locker gefügten Texturen zusammen. Tupfer der goldenen Hörner und virtuose Harfenglissandi erweitern Idiom und Farbpalette. Das Stück beginnt und schließt mit einer jener Flötenkantilenen (Mathieu Dufour), die so durch und durch französisch sind, wie dies nur noch ein Baguette auf dem Boulevard des Italiens sein kann. Ich wurde aufs Beste unterhalten.

Schließlich, was ist mit Rameaus Les Boréades? Es handelt sich um Musik vor der Erfindung des Sonatenhauptsatzes. Gott sei Dank wird die redundante Nutzung des Soli-Tutti-Gegensatz durch die launische Virtuosität von Solohorn und Solofagott in Schach gehalten. Vier würdevolle Fagotte spielen. Keine Trompeten – obwohl die subtilen Holzbläsermischungen mehr als einmal klingen, als gäbe es doch Trompeten. Man geht nicht zu weit, die Boréades-Suite als als eine Musik von äußerster Lebhaftigkeit der M0tiverfindung zu bezeichnen. Zusammenstellung der Stücke: S.R.

Berliner Philharmoniker, Simon Rattle.

Fazit: verführerische Eindrücke aus den Randbezirken der Konzertprogrammatik. Erfrischend kurzes Konzert. Und der Rameau ist selbst für hartgesottene Barock-Skeptiker wie mich kurzweilig.


Kritik DSO Morlot: Vilde Frang Korngold Violinkonzert, Ravel, Debussy

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Der liebe Gott setzt vor Ticciatis Erscheinen in Berlin den Bandscheibenvorfall. Schade. Gut, die Schuld liegt nicht bei Ticciati, sondern bei der Bandscheibe. Dennoch.  

Ludovic Morlot springt ein.

Die unergründlichen Strömungen des gegenwärtigen Zeitgeists begünstigen Korngolds Violinkonzert, Jahrgang 1947, mit dem anzufreunden mir nach wie vor schwerfällt. Korngold generiert in den Zwanzigern großartige Opern-Hypes, er kommt im Exil-Kalifornien der 30er und 40er zu hohem Filmmusikruhm – hierin sicherlich grimmig beneidet von Duzfreund Schönberg. Überschätze ich Wolfgang Rihm, wenn ich annehme, er könnte ein solches Konzert in stilkopierender Absicht binnen fünf Tagen schreiben? Die harmonische Spannung  des ersten Satzes ist so schlaff wie eine ausgedrückte Pampelmuse. Schön ist die Romanze. Luvodic Morlot dirigiert im Sfumato-Modus. Ist das mehr als Nostalgie pur in Konzertform? Besser noch mal mit beschäftigen.

Vilde Frang macht Korngolds Violinkonzert zu einem Hinhörer. Höhepunkt ist die Romanze, in der die anmutige Frang mit subtilem Vibrato, sich verfließendem Lyrismus und leidenschaftlichem Gesang zu Werke geht. In den Ecksätzen bleibt sie um ein Weniges blasser.

Vilde Frangs Zugabe ist Bjarne Brustads kurzes Veslefrikk aus Eventyrsuite (1932).

Jörg Widmann festigt seinen Ruf als virtuoser, wenn auch zu virtuoser Komponist. Er ist der Komponist des Irgendetwas-ist-immer-zuviel. In Armonica sind es die Schlagzeugeinsätze, die zu viel sind.

Von den La Mers des Herrn Debussy wird man in jeder Saison überschwemmt. Zuerst scheint es, als wolle Morlot uns nur behaglich ertränken, aber dann zieht er die Zügel an und führt das DSO zu einem wirkungsvollen, dreifachen Forte in heroischem cis-Moll.

Davor Ravels Valses nobles et sentimentales, Nostalgie pur in Suiten-Form, die heute uninteressant klingen.


Kritik Berliner Philharmoniker Jansons: Tout un monde lointain Truls Mørk, Schostakowitsch 10

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Mariss Jansons bewahrt auch im – gerade erst beginnenden – Alter jungenhafte Drahtigkeit. Nur das Haar ist grau. Silbern.

Truls Mørk spielt Tout un monde lointain von Dutilleux. Das Cellokonzert mit dem philosophischen Titel ist kein Action-Blockbuster. Doch ist das Konzert zugleich unendlich raffiniert und einfach. Von ersterem zeugen die ausgefuchsten Klangflächenkonstellationen, die Dutilleux in so gut wie jeden Takt einbaut, von letzterem die lichte Textur. Besonders hörenswert sind, jenseits der sperrig virtuosen Abschnitte 1 und 5, die intensiven Fantasiewelten der zwei langsamen Abschnitte (2 und 4). In “Regard” (2) spielt Mørk fordernder in den Gebärden als etwa Konstanze von Gutzeit im Januar beim RSB. Im zweiten der langsamen Abschnitte (“Miroirs”, 4) findet Mørk zu konzentriertem Singen. In diesem Dutilleux ist Großzügigkeit der Erfindung drin.

Dutilleux’ Cellokonzert ist stiller als dessen gleichfalls ungewohnt betiteltes Violinkonzert L’arbre des songes, das Rattle und Kavakos 2013 Zeit spielten.

Hector Berlioz’ Le carnaval romain entlockt mir heute Abend ein schiefes Grinsen. Das Englischhorn (Wollenweber) hat Sinn für Perspektive (in C-Dur). Aber sonst? Der Esprit der brillanten Ouvertüre scheint heuer sehr geerdet. Es wird im Rattle-Tempo gespielt, aber nicht mit Rattle-Schwung. Und schon gar nicht im flotten Abbado-Tempo. Kurzum, es herrscht trockene Schmissigkeit. Interessant, wie sich Berlioz diese zwei kleinen Durchführungspartien nicht versagen konnte.

Schostakowitsch Sinfonie Nr. 10.

Der Sound des Stalinismus. Eine Symphonie, geadelt von der Pechschwärze der Geschichte. Eine Symphonie, infiltriert von biographischen idées fixes wie einst die imperialistische BRD von grimmigen KGB-Spionen.

Mariss Jansons bemüht sich um distanzierte Objektivität. Richtlinie Jansons’scher Ästhetik ist ein klar disponierter Klang, bestechend frei liegen die Linienzüge. Wobei die Streicher der Berliner Philharmoniker eine wehmütige Mahler-Note in den ersten Satz tragen. Die Leningrader Philharmoniker mochten das in den fernen 70ern unter Jansons herber und kompakter spielen. Auch im zweiten Satz steht formale Klarheit, nicht gestische Wucht, im Zentrum.



Kritik Deutsche Oper Die Liebe der Danae: Manuela Uhl, Mark Delavan, Raymond Very

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Die Liebe der Danae Deutsche Oper Berlin Manuela Uhl Mark Delavan

Baby, lass den Flügel runter: Die Liebe der Danae, Deutsche Oper Berlin / Foto: Barbara Aumüller / deutscheoperberlin.de

Jaja, Die Liebe der Danae. Komponist: Richard Strauss. Komponiert: 38 bis 40.

Die dreistündige Oper variiert das Thema “Geld oder Liebe?” – ähnlich wie im Ring. Der Thrill-Faktor ist indes gleich Null. Danae ist so unrettbar altmodisch, dass sie auf eine monströse Art sogar drollig ist. Angereichert wird das Ganze mit ironischer Antike (Offenbach machte das 80 Jahre früher aufregender) plus einem Schuss Opera seria.

Die titelspendende Danae der Manuela Uhl berührt durch den instrumental geführten Sopran, der durch Klarheit und Seriosität überzeugt und damit dem Zuhörer zu verstehen gibt, dass Danae als Tochter aus gutem Hause das Herz nicht auf der Zunge trägt. Leichtfuß Jupiter hat vom Ochs die Nonchalance und vom Wotan den Hang zu ausufernden Monologen. Mark Delavan hat für beides Sinn und Stimme. Der Midas von Raymond Very gefällt durch eine Art abstrakten Tenorglanz. Dabei hält Raymond Very Deklamation und Gefühl wohltuend in der Waage. Merkur Thomas Blondelle rückt Mark Delavan singend und agierend auf die Pelle, was das Zeug hält. Burkhard Ulrich sorgt dafür, dass König Pollux zwar als bankrotter, aber umso höhensicherer Herrscher in Erinnerung bleibt.

Eine Kategorie für sich bildet die vierköpfige Girl Group, bestehend aus Europa (Martina Welschenbach), Semele (Nicole Haslett), Alkmene (Rebecca Jo Loeb) und Leda (Katharina Peetz). Die blumenmädchenhaft betörenden Damen unterscheiden sich laut Libretto vor allem dadurch, unter welch abenteuerlichen Umständen sie von Jupiter begattet wurden.

Danaes Dienerin Xanthe ist heute Adriana Ferfezka, ein frischer, vorzüglicher Sopran. Die vier Könige sind Paul Kaufmann, Alexei Botnarciuc, Clemens Bieber und Thomas Lehman.

Sebastian Weigle leitet solide, doch ohne die Inspiration, die es für einen großen Abend bedurft hätte. Doch Weigle bringt Sinn für Abläufe und den Zusammenhang von Stimmen und Orchestergesten mit. Zudem ist er hübscher in den Details, als es Runnicles gewesen wäre.

Das Libretto Joseph Gregors ist von konkurrenzloser Seifigkeit. Hofmannsthals Libretti der Zwanziger haben diesen Tiefsinn-beflissenen Einschlag auch schon. Gregor toppt das. Hätte man angesichts der kulturellen Situation Deutschlands und Österreichs der späten Dreißiger anderes erwartet? Also.

Die Inszenierung bietet ein getreues Abbild der Schwächen der Regiearbeiten von Kirsten Harms. Erstens ein mattmüder Symbolismus. Zweitens eine ganze Handvoll halbwegs guter Ideen, die in situ dann jegliche inszenatorische Treffsicherheit vermissen lassen. Drittens Bühnenbilder, bei deren Anblick man eine schwere ästhetische Grippe bekommt.

Bleibt die Preisfrage: Komponiert Richard Strauss hier schlechter als in Salome?

Nein. Die Einfälle büßen an Prägnanz ein (In dem Alter ist man mit Prägnanz durch, Zusammenhang ist alles, siehe Parsifal). Dafür mixt Strauss Klang, harmonische Fliehkraft und musikalische Linie mit rarster Meisterschaft. Erster und zweiter Aufzug haben keinen einzigen schlechten Takt. Im dritten Aufzug lege ich meine Hand hierfür nicht ins Feuer. Die erste Szene – Midas/Danae, insbesondere das Duett – scheint  mir nicht über jeden Zweifel erhaben. Um der Tragik des unsäglichen Entstehungsdatums zu entkommen, könnte ich mich damit anfreunden, vor dem dritten Akt beispielsweise aus Erwin Schulhoffs fünfter Sinfonie von 1939 das Finale zu spielen.

Fazit: abartige, faszinierend selbstreferentielle Opernfrickelei aus der Feder eines melomanen Altmeisters. Unschlagbarer Small-Talk-Wert (“Meine Lieblingsoper sind übrigens die Meistersinger. Und Ihre?” – “Oh, Die Liebe der Danae.”) Überaus hörenswert. Reingehen, da nächste Saison nicht mehr auf dem Spielplan der Deutschen Oper Berlin.


Kritik DSO Sokhiev: Prokofjew Reimann Tarde Claudia Barainsky Mendelssohn 3

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DSO Berlin Tugan Sokhiev

Schau mir in die Augen, Blechinstrument / Foto: dso-berlin.de

Doch ein ganz gutes Konzert.

Das DSO spielt Prokofjew, Reimann, Mendelssohn Bartholdy. Den Prokofjew – die Symphonie Nr. 1 –  scharf, hell, rasch. Das ist lebendig bis in den warmen Nacken jedes Notenhalses hinein. Prokofjews melodisch-rhythmische Einfälle strahlen Knackschärfe aus. Womit angedeutet sei, dass öde Verschlimmharmlosung von Prokofjews Klassiker-Imitatio Tugan Sokhievs Sache nicht ist. Das DSO dankt’s und liefert lupenreine Präzision. Und doch, im soften Federn dieser Musik wird ihr latenter Ernst, ihre Qualität hörbar. Sokhiev macht einfach Musik. Beispiel Satz Numero eins: Die Streicher klingen im zweiten, lebhaften Teil der Durchführung so fröhlich, als würden sie jodeln. Der Schlussakkord ist ein Juchzer. Beispiel Satz zwei: Der fanatische, sachliche Einstieg ist nicht von schlechten Eltern (och, die Triller da).

Aribert Reimanns Tarde (2006) wurde für kleineres Orchester geschrieben. Die acht Stücke sind bisweilen reich an Polyphonie des sparsam eingesetzten Blechs und der Holzbläser, ansonsten geben sie sich konzentriert und gelöst. Die Struktur deutet Dreiteiligkeit an. Auf zwei Stücke für textlosen Gesang und Orchester (1 und 2 sowie 4 und 5) folgt jeweils ein Orchesterstück ohne Gesang (3 und 6). 3 und 6 bleiben ritornell-haft aufeinander bezogen. In den Stücken 7 und 8 geht der Gesangssolist zum Textgesang über. 8 fungiert zudem als abschließendes Ritornell. Claudia Barainsky setzt ihre gebändigte Expressivität ein und singt exemplarisch.

Mendelssohns Schottische. Die erste schöne Stelle ist gleich jener Gedanke der Geigen aus der Einleitung, der eine mit Gis und Dis gespickte Sechzehntel-Girlande bis zum c3 hinaufführt. Die strammen Crescendi gelingen, weil sie sich nicht zwischen Wildheit und Disziplin entscheiden wollen. Sie beginnen verhalten, um dann mit allen symphonischen Kräften auf irgendwelche wilden Kadenzfelder zuzusteuern. Im Adagio setzt Sokhiev fast Andante-Puls ein; die Abläufe im Adagio sind glätter, als es Furtwängler-Fans, eine in Berlin besonders verbreitete Spezies, lieb sein kann. Interessant ist die Dritte ja auch wegen der Elgar-Anklänge, und zwar an zwei Stellen. Einmal ist es im Adagio diese von gelösten Celli und Solo-D-Horn angestimmte Kantilene zwischen vorletztem und letztem Fortissimo-Ausbruch und dann im Finale der Eintritt ins Allegro maestoso assai. Und das ein gutes halbes Jahrhundert vor Elgar, Sinfonie Nr. 1. Respekt, Felix.

Fazit: viel Spaß mit Sokhiev + DSO.


Oper München Saison 2016/2017: Jonas Kaufmann Stolzing und Andrea Chenier, Anna Netrebko Lady Macbeth

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Bayerische Staatsoper München Saison 2016/2017 Jonas Kaufmann Anna Netrebko

Mia sprichn englisch. Ois klar?: Die Bayerische Staatsoper München kündigt die Saison 2016/2017 an / Foto: staatsoper.de

Die Saisonvorschau 2016/2017 der Bayerischen Staatsoper München ist da. Es lohnt, einen Blick auf die Premieren zu werfen: Wagner, russische Moderne, Belcanto, Verismo, deutscher Expressionismus, deutsche Romantik und – Zeitgenössisches. Interessant sind die Akzentsetzungen. Von Rossini ist die nicht allzu bekannte Semiramide angekündigt, der Verismo wird durch den Puccini-Konkurrenten Giordano vertreten. Schrekers Gezeichnete und Webers Oberon repräsentieren gleichfalls Stücke an den Repertoirerändern.

Ansonsten: Auffällig ist die Münchener Belcanto-Pflege, und trotz aller Spielplan-Massierung bei den immerhippen Hits (Traviata, Tannhäuser, Tristan. Figaro, Fidelio, Fledermaus) bemerkt man bescheidene Anzeichen einer Öffnung für’s Neue (Wer ist Joby Talbot?)

Zu den Sängern. Jonas Kaufmann betreibt sowohl im italienischen Fach (Chenier, Alvaro) als auch im deutschen Repertoire (Stolzing) Präsenzpflege. Auch Anja Harteros und Rolando Villazón (in der Uraufführungsoper der diesjährigen Saison, South Pole) bleiben dem Haus treu. Anna Netrebko setzt als Lady Macbeth ihre Erkundigungen im dramatischen Verdi-Fach fort.

Strauss-seitig kommen Nina Stemme (Elektra), Anne Schwanewilms (Marschallin), Karita Mattila (Ariadne) und Adrianne Pieczonka (Kaiserin) sowie die Herren Fritz (Bacchus), Groissböck (Ochs) und Botha (Kaiser) zum Einsatz. Im runtegedampften Wagner-Repertoire halten neben Jonas Kaufmann Stephen Gould (Tristan), Klaus Florian Vogt (Tannhäuser), Anja Harteros (Elisabeth) und Wolfgang Koch (Sachs) die Fahne der Wagnerianer hoch.

Ist “Was folgt?” nun das Saisonmotto oder nur der PR-Gag für die Vorschau-Präse?

Verdi: Francesco Meli singt Riccardo, Jonas Kaufmann Alvaro sowie Stephen Costello, Arturo Chacón-Cruz und Charles Castronovo abwechselnd Alfredo. Sonya Yoncheva ist Violetta, Anja Harteros Elisabeth und Leonora (Forza), Liudmila Monastyrska ist Abigaille. Und Puccini? Nina Stemme ist Turandot, die junge Generation ist durch Serena Farnocchia (Mimì) und Swetlana Aksenowa (Cio-Cio-San) vertreten. Belcanto bieten Elina Garanca (in La Favorite), Edita Gruberova (in Roberto Devereux), Joyce DiDonato (Semiramide) sowie Diana Damrau (Lucia). Und sonst? Roberto Alagna singt in La Juive, Joseph Calleja in Mefistofele, Eva-Maria Westbroek ist Jenufa.

Auffällig die Ausdünnung im Wagner- und Strauss-Repertoire nach den diesbezüglichen Schwerpunkten in den vorangegangenen Jahren.

Die Tendenz zur optischen Aufdonnerung der Programmvorschau setzt sich fort. Die Ästhetik kommt einerseits von den Jahresschauen der zeitgenössischen Museen, andererseits von Gucci. So ist das eben, das Magazin der ZEIT ist inzwischen ein Vorwand für Uhren- und Modewerbung und ins Museum geht man, um einen Cappuccino zu trinken.

Und hier ist die Übersicht der Saison 2016/2017:

  • Die Premieren

Amélie Niermeyer führt Regie in LA FAVORITE von Donizetti. Elina Garanca singt die Titelpartie. Karel Mark Chichon dirigiert. Matthew Polenzani verkörpert Fernand, Mariusz Kwiecien Alphonse. Premiere: 23.10.2016.

In LADY MACBETH VON MZENSK (Schostakowitsch) sind Anatoli Kotscherga, Anja Kampe, Mischa Didik und Sergej Skorochodow zu hören. Kirill Petrenko leitet. Die Inszenierung stammt von Harry Kupfer. Premiere: 28.11.2016.

SEMIRAMIDE: Michele Mariotti dirigiert. Idreno ist Lawrence Brownlee, Semiramide Joyce DiDonato, Assur Alex Esposito. Regie führt David Alden. Premiere: 12.2.2017.

Omer Meir Wellber dirigiert die Premiere von ANDREA CHENIER. Zu den Darstellern zählen Jonas Kaufmann, Anja Harteros, Luca Salsi und Doris Soffel. Für die Neuproduktion zeichnet Philipp Stölzl verantwortlich. Termin: 12.3.2017.

Christopher Wheeldon wird ALICE IN WONDERLAND (Joby Talbot) inszenieren. Es singen u.a. Iris van Wijnen, Deniz Uzun und Johannes Kammler. Am Pult steht Myron Romanul. Termin: 3.4.2017.

Romeo Castellucci führt Regie in TANNHÄUSER. Klaus Florian Vogt singt Tannhäuser, Anja Harteros Elisabeth, Elena Pankratowa Venus, Georg Zeppenfeld den Landgrafen, Christan Gerhaher Wolfram. Kirill Petrenko dirigiert. Termin: 21.5.2017.

Die Festspielpremieren:

Ingo Metzmacher dirigiert in einer Neuproduktion von Krzysztof Warlikowski DIE GEZEICHNETEN von Schreker. Catherine Naglestad, Tomasz Konieczny, Christopher Maltmann, Alastair Miles und John Daszak singen. Termin: 1.7.2017.

Nikolaus Habjan inszeniert Webers OBERON. Ivor Bolton dirigiert. Brenden Gunnell, Julian Prégardien, Annette Dasch und Johannes Kemmler singen. Termin: 21.7.2017.

  • Das Repertoire

Strauss

ELEKTRA: Simone Young (Leitung), Herbert Wernicke (Regie), Nina Stemme, Doris Soffel, Ricarda Merbeth, Johan Reuter, Ulrich Reß.

ROSENKAVALIER: Kirill Petrenko (Leitung), Otto Schenk (Regie), Anne Schwanewilms, Angela Brower, Hanna-Elisabeth Müller, Günther Groissböck.

ARIADNE: Oksana Lyniv (Leitung), Robert Carsen (Regie), Karita Mattila, Burkhard Fritz, Tara Erraught, Jane Archibald.

FRAU OHNE SCHATTEN: Kirill Petrenko (Leitung), Krzysztow Warlikowski (Regie), Adrianne Pieczonka, Johan Botha, Elena Pankratowa, Wolfgang Koch, Michaela Schuster.

Wagner

TRISTAN UND ISOLDE: Simone Young (Leitung), Peter Konwitschny (Regie), Stephen Gould, Christiane Libor, René Pape, Iain Paterson.

MEISTERSINGER: Kirill Petrenko (Leitung), David Bösch (Regie), Wolfgang Koch, Jonas Kaufmann, Emma Bell, Martin Gantner, Georg Zeppenfeld, Claudia Mahnke.

Puccini

Saison 2016 / 2017 Oper München

Undn bitte hisetzn, om kennts ihr schdengan / Foto: staatsoper.de

TURANDOT: Dan Ettinger (Leitung), Carius Padrissa (Regie), Nina Stemme, Stefano La Colla, Golda Schultz.

BOHÈME: Stefano Ranzani (Leitung), Otto Schenk (Regie), Serena Farnocchia, Matthew Polenzani, Michael Nagy, Kelebogile Besong, Andrea Borghini.

MADAMA BUTTERFLY: Daniele Callegari (Leitung), Wolf Busse (Regie), Wookyung Kim, Swetlana Aksenowa, Andrea Borghini, Elisabeth DeShong.

Verdi

MASKENBALL: Asher Fisch (Leitung), Johannes Erath (Regie), Francesco Meli, Adrianne Pieczonka, Luca Salsi, Okka von der Damerau, Elsa Benoit.

DON CARLO: Paolo Carignani (Leitung), Jürgen Rose (Regie), Yonghoon Lee, Anja Harteros, Christian Gerhaher, Ildar Abdrasakow, Günther Groissbröck, Nadia Krasteva.

MACBETH: Paolo Carignani (Leitung), Martin Kusej (Regie), Franco Vassallo, Anna Netrebko, Ildebrando D’Arcangelo, Yusif Eyvazov. Termine: 18., 21., 27.12.2016.

NABUCCO: Paolo Carignani (Leitung), Yannis Kokkos (Regie), Dimitri Platanias, Witali Kowaljow, Liudmila Monastyrska, Murat Karahan, Goran Juric.

FALSTAFF: Asher Fisch (Leitung), Eike Gramss (Regie), Ambrogio Maestri, Franco Vassallo, Pavol Breslik, Jekatarina Siurina.

MACHT DES SCHICKSALS: Asher Fisch (Leitung), Martin Kusej (Regie), Jonas Kaufmann, Anja Harteros, Witali Kowaljow, Simone Piazzola, Nadia Krasteva.

TRAVIATA: Andrea Battistoni/Asher Fisch (Leitung), Günter Krämer (Regie), Aurelia Florian/Sonya Yoncheva, Stephen Costello/Arturo Chacón-Cruz/Charles Castronovo, Ambrogio Maestri/Leo Nucci/Plácido Domingo.

Slawische Komponisten

DER FEURIGE ENGEL: Michail Jurowski (Leitung), Barrie Kosky (Regie), Jewgenij Nikitin, Ausrine Stundyte, Wladimir Galusin.

RUSALKA: Andris Nelsons (Leitung), Martin Kusej (Regie),  Dmytro Popov, Kristine Opolais, Nadia Krasteva, Günther Groissbröck.

JENUFA: Tomás Hanus (Leitung), Barbara Frey (Regie), Sally Matthews/Eva-Maria Westbroek, Hanna Schwarz, Stuart Skelton, Pavol Breslik/Pavel Cernoch, Karita Mattila.

BORIS GODUNOW: Marko Letonja (Leitung), Calixto Bieito (Regie), Dimitrij Beloseslkij, Maxim Paster, Dmitro Popow.

Mozart/Beethoven

FIDELIO: Simone Young (Leitung), Calixto Bieito (Regie), Klaus Florian Vogt, Anja Kampe, Günther Groissböck, John Lundgren.

FIGARO: Antonello Manacorda (Leitung), Dieter Dorn (Regie), Alex Esposito, Diana Damrau/Johanni van Oostrum, Tara Erraught, Angela Brower, Mariusz Kwiecien.

COSÌ FAN TUTTE: Ivor Bolton (Leitung), Dieter Dorn (Regie), Golda Schultz, Rachael Wilson, Mauro Peter, Michael Nagy, Tara Erraught, Christoper Maltman.

ENTFÜHRUNG: Constantin Trinks (Leitung), Martin Duncan (Regie), Mari Eriksmoen, Lisette Oropesa, Matthew Grills, Daniel Behle, Peter Rose.

ZAUBERFLÖTE: Asher Fisch/Constantin Trinks (Leitung), August Everding (Regie), Olga Pudowa/Brenda Rae, Golda Schultz/Hanna-Elisabeth Müller, Stephen Milling/René Pape, Pavol Breslik/Matthew Polenzani, Alex Esposito/Michael Nagy, Matthew Grills.

Belcanto

LIEBESTRANK: Daniele Callegari (Leitung), David Bösch (Regie), Pretty Yende, Attala Ayan, Erwin Schrott, Tara Erraught.

LA CENERENTOLA: Giacomo Sagripanti (Leitung), Jean-Pierre Ponelle (Regie), Tara Erraught.

GUILLAUME TELL: Antonello Allemandi (Leitung), Antú Romero Nunes (Regie), Gerald Finley, Yosep Kang, Jewgenja Sotnikowa

LUCIA DI LAMMERMOOR: Oksana Lyniv (Leitung), Barbara Wysocka (Regie), Charles Castronovo, Diana Damrau/Erin Morley, Levente Molnar/Simone Piazzola.

ROBERTO DEVEREUX: Friedrich Halder (Leitung), Christof Loy (Regie), Simone Piazzola, Clémentine Margaine, Charles Castronovo, Edita Gruberova.

Sonstige

SOUTH POLE: Kirill Petrenko (Leitung), Hans Neuenfels (Regie), Thomas Hampson, Rolando Villazón, Mojca Erdmann, Tara Erraught.

FLEDERMAUS: Kirill Petrenko (Leitung), Leander Haußmann (Regie), Edgaras Montvidas, Elena Pankratowa, Johannes Martin Kränzle, Daniela Sindram,

MEFISTOFELE: Paolo Carignani (Leitung), Roland Schwab (Regie), Erwin Schrott, Joseph Calleja, Kristine Opolais.

LA JUIVE: Bertrand de Billy (Leitung), Calixto Bieito (Regie), Kristine Opolais, Roberto Alagna,  Ante Jerkunica.

LES CONTES D’HOFFMANN: Constantin Trinks (Leitung), Richard Jones (Regie), Diana Damrau, Kevin Conners, Ildar Abdrasakow.

CARMEN: Karel Mark Chichon (Leitung), Lina Wertmüller (Regie), Anita Rashvelishvili, Brian Jagde, Genia Kühnmeier, Witali Bilij.

 

Die angeführten Vorstellungen zeigen eine Auswahl. Das ganze Programm der Bayerischen Staatsoper München für die Saison 2016/2017 gibt es hier.


Semperoper Dresden Saison 2016/2017: Thielemann Rheingold Siegfried Otello

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Die Semperoper hat die Saisonvorschau für 2016/2017 veröffentlicht. Während der Mozart-Tage 2017 vom 14. bis 28. April 2017 zeigt die Semperoper fünf Mozartopern. Im Zentrum der kommenden Saison werden auch die Aufführungen von Rheingold und Siegfried unter der Leitung von Christian Thielemann stehen.

Hier ist der Überlick über die wichtigsten Vorstellungen.

  • Die Premieren

SALOME – Omer Meir Wellber (Dirigent), Michael Schulz (Inszenierung). Sänger: Jennifer Holloway, Markus Marquardt, Christa Mayer, Lance Ryan, Daniel Johansson.
Premiere: 24. September 2016

HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN – Frédéric Chaslin (Dirigent), Johannes Erath (Inszenierung). Sänger: Wookyung Kim, Christina Bock, Tuuli Takala, Sarah-Jane Brandon, Measha Brueggergosman. Premiere: 4. Dezember 2016

Semperoper Dresden Spielplan 2016/2017

Semperoper Dresden Spielplan 2016/2017 / Foto: semperoper.de

OTELLO – Christian Thielemann (Dirigent), Vincent Boussard (Inszenierung). Sänger: Johan Botha, Dmitri Hvorostovsky, Dorothea Röschmann, Georg Zeppenfeld.
Premiere: 23. Februar 2017

ENTFÜHRUNG – Christopher Moulds (Dirigent), Michiel Dijkema (Inszenierung ). Sänger: Simona Šaturová, Joel Prieto, Tuuli Takala, Manuel Günther, Dmitri Iwaschtschenko, Erol Sander.
Premiere: 15. April 2017

DOKTOR FAUST – Tomas Netopil (Dirigent), Keith Warner (Inszenierung ). Sänger: NN, Kim Begley, Michael König, Manuela Uhl, Michael Eder.
Premiere: 19. März 2017

DIE PASSAGIERIN (Weinberg) – Christoph Gedschold (Dirigent), Anselm Weber (Inszenierung ). Sänger: Christina Bock, Tomislav Mužek, Emily Dorn, Ewa Zeuner.
Premiere: 24. Juni 2017

  • Das Repertoire

Wagner/Strauss

RHEINGOLD – Christian Thielemann (Dirigent), Willy Decker (Inszenierung). Sänger: Markus Marquardt, Tomasz Konieczny, Gerhard Siegel, Kurt Streit, Georg Zeppenfeld, Ain Anger, Christa Mayer, Ann Petersen, Janina Baechle.
Termine: ab 15. Oktober 2016

SIEGFRIED – Christian Thielemann (Dirigent), Willy Decker (Inszenierung). Sänger: Stephen Gould, Nina Stemme, Markus Marquardt, Albert Dohmen, Gerhard Siegel, Georg Zeppenfeld, Christa Mayer.
Termine: ab 22. Januar 2017

ELEKTRA – Axel Kober (Dirigent), Barbara Frey (Inszenierung). Sänger: Evelyn Herlitzius, Manuela Uhl, Michael Volle, Tichina Vaughn, Jürgen Müller.
Termine: ab 23. September 2017

Verdi/Puccini

TRAVIATA – Mikhail Agrest (Dirigent), Andreas Homoki (Inszenierung). Sänger: Venera Gimadieva, Yosep Kang, Markus Marquardt.
Termine: ab 26. August 2016

Semperoper 2016/2017

Das Repertoire Semperoper 2016/2017 / Foto: semperoper.de

LA BOHÈME – Giampaolo Bisanti (Dirigent), Christine Mielitz (Inszenierung). Sänger: Maija Kovalevska, Benjamin Bernheim, Emily Dorn.
Termine: ab 27. August 2017

RIGOLETTO – Lorenzo Viotti (Dirigent), Nikolaus Lehnhoff (Inszenierung). Sänger: NN, Markus Marquardt, Tuuli Takala, Georg Zeppenfeld.
Termine: ab 17. Februar 2017

TOSCA – Patrick Lange (Dirigent), Johannes Schaaf (Inszenierung). Sänger: Maria José Siri, Andeka Gorrotxategi, Andrzej Dobber.
Termine: ab 16. Oktober 2016

Mozart

COSÌ FAN TUTTE – Omer Meir Wellber (Dirigent), Andreas Kriegenburg (Inszenierung). Sänger: Nicole Car, Jelena Kordić, Peter Sonn, Evan Hughes, Ute Selbig, Martin-Jan Nijhof.
Termine: ab 12. November 2016

ZAUBERFLÖTE – Moritz Gnann (Dirigent), Achim Freyer (Inszenierung). Sänger: Tuuli Takala, Tilmann Rönnebeck, Emily Dorn, Roman Payer, Timothy Oliver, Menna Cazel.
Termine: ab 9. Oktober 2017

DON GIOVANNI – Omer Meir Wellber (Dirigent), Andreas Kriegenburg (Inszenierung). Sänger: Christoph Pohl, Maria Bengtsson, Danielle De Niese, Edgaras Montvidas, Evan Hughes, Michael Eder.
Termine: ab 20. März 2017

LA CLEMENZA DI TITO – NN (Dirigent), Bettina Bruinier (Inszenierung). Sänger: Giuseppe Filianoti, Véronique Gens, Elena Gorshunova, Anke Vondung.
Termine: ab 5. April 2017

FIGARO – Omer Meir Wellber (Dirigent), Johannes Erath (Inszenierung). Sänger: Kostas Smoriginas, Christoph Pohl, Sarah-Jane Brandon, Emily Dorn, Jelena Kordić.
Termine: ab 16. April 2017

Slawische Oper

EUGEN ONEGIN – Pietari Inkinen (Dirigent), Markus Bothe (Inszenierung). Sänger: Christoph Pohl, Camilla Nylund, Tomislav Mužek, Anke Vondung, Georg Zeppenfeld.
Termine: ab 30. August 2016

DAS SCHLAUE FÜCHSLEIN – Tomáš Netopil (Dirigent), Frank Hilbrich (Inszenierung). Sänger: Vanessa Goikoetxea, Jukka Rasilainen, Tichina Vaughn.
Termine: ab 25. Februar 2017

Sonstige Komponisten

CARMEN – Alejo Pérez (Dirigent), Axel Köhler (Inszenierung). Sänger: Kate Aldrich,
Arnold Rutkowski, Emily Dorn, Simon Neal.
Termine: ab 23. Januar 2017

CAVALLERIA RUSTICANA/PAGGLIACCI – Heike Vollmer (Dirigentin), Ursula Kudrna(Inszenierung). Sänger: Evelyn Herlitzius, Teodor Ilincai, Tichina Vaughn, Markus Marquardt/Vladimir Galouzine, Carmen Giannattasio, Markus Marquardt.
Termine: ab 29. Juni 2017

FREISCHÜTZ – Christoph Gedschold (Dirigent), Axel Köhler (Inszenierung). Sänger: Matthias Henneberg, Gisela Stille, Tomislav Mužek, Menna Cazel.
Termine: ab 4. Januar 2017

IL BARBIERE DI SIVIGLIA – NN (Dirigent), Grischa Asagaroff (Inszenierung). Sänger: Davide Luciano, Levy Sekgapane, Teresa Iervolino.
Termine: ab 29. August 2016

THE GREAT GATSBY – Wayne Marshall (Dirigent), Keith Warner (Inszenierung). Sänger: Elena Gorshunova, Peter Lodahl, Raymond Very, Christoph Pohl.
Termine: ab 29. Mai 2017

Saisonvorschau Semperoper Dresden 2016 2017 Christian Thielemann

Psychedelisches Polarlicht: Das Design der Dresdner Saisonvorschau / Foto: semperoper.de


Deutsche Oper Berlin Saison 2016/2017: Klaus Florian Vogt, Evelyn Herlitzius, Sonya Yoncheva, Ain Anger

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Deutsche Oper Berlin Saison 2016/2017

Die Spielzeit 2016/2017 an der DOB steht im Zeichen der letzten Aufführung des Götz-Friedrich-Rings aus dem Jahre 1984. GMD Donald Runnicles dirigiert. Stefan Vinke ist Siegfried, Evelyn Herlitzius und Ricarda Merbeth sind Brünnhilde, Thomas J. Mayer singt Wotan, Samuel Youn den Wanderer.

Die Premieren zeigen Kontinuität. Der Meyerbeer-Zyklus wird weitergeführt (Hugenotten). Ebenso die Beschäftigung mit Britten (Tod in Venedig), das Steckenpferd Runnicles’. Die Pflege der slawischen Oper wird nach den Janacek-Produktionen der vergangenen Jahre mit einer Neuproduktion von Boris Godunow fortgesetzt. Mit Edward II. des Komponisten Andrea Lorenzo Scartazzini schultert die DOB eine Uraufführung.

Das Repertoire der Saison 16/17 zeigt sowohl eine Ausdünnung bei Strauss (nur Salome) als auch bei Wagner (minus Rienzi und Tristan). Dafür liegt ein Schwerpunkt bei den Evergreens von Verdi und Puccini (Traviata, Turandot, Tosca). Allenfalls Puccinis La Rondine darf als repertoireneu gelten.

Nicht fortgesetzt wird die vor einigen Jahren begründete Tradition konzertanter Aufführungen von Belcanto-Opern in der Philharmonie. Überhaupt muss man in der kommenden Saison Belcanto-Opern mit der Lupe im Spielplan der DOB suchen.

Wiederaufnahmen sind Andrea Chenier, Billy Budd, Don Carlo, Eugen Onegin, Faust, Hänsel und Gretel sowie Madama Butterfly.

Die Liste der abgesetzten Repertoire-Opern ist lang und wird bei genauem Hinsehen immer länger: Bajazzo/Cavalleria, Elektra, Figaro und Liebe der Danae fallen ebenso aus dem Spielplan wie Lucia, Manon Lescaut, Pelléas, Peter Grimes, Rienzi, Rosenkavalier, Schlaues Füchslein, Tristan und Troubadour. Von den 15/16er-Premieren erleben Makropulos, Vasco da Gama und Morgen und Abend nicht die 16/17er-Saison.

Die einzigen Auffälligkeiten im Repertoire sind Berlioz Roméo et Juliette und Gounods Faust.

  • Die Premieren

COSÌ FAN TUTTE: Donald Runnicles/Daniel Cohen (Leitung), Robert Borgmann (Regie), Nicole Car/Martina Welschenbach, Stephanie Lauricella/Jana Kurucová, John Chest/Thomas Lehmann, Paolo Fanale/Matthew Newlin, Markus Brück/Noel Bouley, Alexandra Hutton.
Premiere: 25. September 2016.

HUGENOTTEN: Michele Mariotti/Ido Arad (Leitung), David Alden (Regie), Patrizia Ciofi/Siobhan Stagg, Juan Diego Flórez/Yosep Kang, Olesia Golownewa.
Premiere: 13. November 2016.

EDWARD II (Scartazzini): Thomas Sondergard (Leitung), Christof Loy (Regie), Michael Nagy, Agneta Eichenholz, Ladislav Elgr.
Uraufführung: 19. Februar 2017.

TOD IN VENEDIG: Donald Runnicles (Leitung), Graham Vick (Regie), Richard Croft, Seth Carico.
Premiere: 19. März 2017.

DER FLIEGENDE HOLLÄNDER: Donald Runnicles (Leitung), Christian Spuck (Regie), Samuel Youn, Ingela Brimberg, Tobias Kehrer, Thomas Blondelle.
Premiere: 7. Mai 2017.

BORIS GODUNOW: Kirill Karabits (Leitung), Richard Jones (Regie), Ain Anger, Irene Roberts, Burkhard Ulrich, Alexandra Hutton.
Premiere: 17. Juni 2017.

  •  Das Repertoire

Strauss

SALOME: Jeffrey Tate (Leitung), Claus Guth (Regie), Manuela Uhl/Catherine Naglestad, John Lundgren, Burkhard Ulrich/Thomas Blondelle.

Wagner

TANNHÄUSER: Donald Runnicles (Leitung), Kirsten Harms (Regie), Peter Seiffert/Stephen Gould, Camilla Nylund/Ricarda Merbeth, Christoph Pohl/Ian Rutherford, Ante Jerkunica/Ain Anger.

PARSIFAL: Donald Runnicles (Leitung), Philipp Stölzl (Regie), Klaus Florian Vogt, Daniela Sindram, Stephen Milling, Thomas J. Mayer, Derek Walton.

LOHENGRIN: Donald Runnicles (Leitung), Kasper Holten (Regie), Johan Botha/Klaus Florian Vogt, Annette Dasch/Manuela Uhl, Wolfgang Koch/John Lundgren, Elisabete Matos/Elena Pankratowa, Albert Pesendorfer.

RING DES NIBELUNGEN: Donald Runnicles (Leitung), Götz Friedrich (Regie)

RHEINGOLD: Wotan?, Werner Van Mechelen, Burkhard Ulrich, Paul Kaufmann, Daniela Sindram, Martina Welschenbach, Ronnita Miller, Albert Pesendorfer, Andrew Harris.

WALKÜRE: Brandon Jovanovich, Eva-Maria Westbroek, Thomas J. Mayer, Evelyn Herlitzius, Tobias Kehrer, Daniela Sindram.

SIEGFRIED: Stefan Vinke, Ricarda Merbeth, Samuel Youn, Werner Van Mechelen, Burkhard Ulrich, Andrew Harris.

GÖTTERDÄMMERUNG: Stefan Vinke, Evelyn Herlitzius, Albert Pesendorfer, Werner Van Mechelen, Seth Carico, Ricarda Merbeth.

Verdi

TRAVIATA: Nicholas Carter (Leitung), Götz Friedrich (Regie), Patrizia Ciofi, Antonio Poli, Etienne Dupuis.

DON CARLO: Roberto Rizzi Brignoli (Leitung), Marco Arturo Marelli (Regie), Teodor Ilincai, Liudmila Monastyrska, Roberto Tagliavini, Albert Pesendorfer, Etienne Dupuis, Jamie Barton.

MASKENBALL: Donald Runnicles/Ido Arad (Leitung), Götz Friedrich (Regie), Jorge de León/Yosep Kang, Adrianne Pieczonka/Tamara Wilson, Etienne Dupuis/Markus Brück, Judit Kutasi/Ronnita Miller, Elena Tsallagowa/Heidi Stober.

AIDA: Andrea Battistoni (Leitung), Benedikt von Peter (Regie), Tatiana Serjan, Alfred Kim, Francesco Landolfi, Anna Smirnowa.

RIGOLETTO: Diego Matheuz (Leitung), Jan Bosse (Regie), Markus Brück, Yosep Kang, Siobhan Stagg/Elena Tsallagowa, Judit Kutasi

NABUCCO: Paolo Arrivabeni (Leitung), Keith Warner (Regie), Dalibor Janis, Anna Smirnowa/Liudmyla Monstyrska, Roberto Tagliavini, Attilio Glaser.

Slawische Oper

EUGEN ONEGIN: Ivan Repusic (Leitung), Götz Friedrich (Regie), Sonya Yoncheva, Andrei Bondarenko, Benjamin Bernheim, Annika Schlicht.

Puccini/Verismo

MADAMA BUTTERFLY: Stefano Ranzani (Leitung), Pier Luigi Smaritani (Regie), Hui He, Fabio Sartori, Noel Bouley, Jana Kurucová.

TURANDOT: NN (Leitung), Lorenzo Fiorini (Regie), Catherine Foster, Kamen Chanev, Elena Tsallagowa.

ANDREA CHENIER: Ivan Repusic (Leitung), John Dew (Regie), Aleksandrs Antonenko, Maria José Siri, George Gagnidze.

TOSCA: Ivan Repusic/Donald Runnicles (Leitung), Boleslaw Barlog (Regie), Anja Harteros/Emily Magee/Maria José Siri, Jorge de León/Fabio Sartori/Aleksandrs Antonenko, Falk Struckmann/Bryn Terfel/George Gagnidze.

BOHÈME: Ivan Repusic (Leitung), Götz Friedrich (Regie), Piotr Beczala/Joseph Calleja, Sonya Yoncheva/Carmen Gianattasio, Federica Lombardi.

LA RONDINE: Roberto Rizzi Brignoli (Leitung), Rolando Villazón (Regie), Dinara Alieva, Alexandra Hutton, Vincenzo Costanzo, Álvaro Zambrano.

Mozart

ENTFÜHRUNG: Arthur Fagen (Leitung), Rodrigo García (Regie), Olga Peretyatko, Matthew Newlin, Siobhan Stagg, James Kryshak, Tobias Kehrer.

ZAUBERFLÖTE: Ido Arad/Daniel Cohen (Leitung), Günter Krämer (Regie), Hulkar Sabirova, Ante Jerkunica/Tobias Kehrer, Matthew Newlin/Attilio Glaser, Elena Tsallagowa/Siobhan Stagg/Heidi Stober, Alexandra Hutton/Adriana Ferfezka, John Chest/Simon Pauly.

DON GIOVANNI: Daniel Cohen (Leitung), Roland Schwab (Regie), Davide Luciano, Laura Aikin, Jana Kurucová, Matthew Newlin, Seth Carico, Adriana Ferfezka.

Französische und britische Oper

FAUST: Jacques Lacombe (Leitung), Philipp Stölzl (Regie), Abdellah Lasri, Heidi Stober, Ildebrando D’Arcangelo, Irene Roberts, John Chest.

BILLY BUDD: Moritz Gnann (Leitung), David Alden (Regie), John Chest, Gidon Saks, Burkhard Ulrich, Seth Carico.

CARMEN: Daniel Cohen/Ido Arad (Leitung), Soren Schuhmacher (Regie), Irene Roberts/Clémentine Margaine, Leonardo Caimi/Daniel Johansson/Roberto Alagna, Elena Tsallagowa/Federica Lombardi, Dong-Hwan Lee/Derek Walton.

ROMÉO ET JULIETTE: Stéphane Denève (Leitung), Sasha Waltz (Regie), Thomas Blondelle, Ronnita Müller, Marko Mimica.

Belcanto

L’ELISIR D’AMORE: Moritz Gnann (Leitung), Irina Brook (Regie), Francesco Demuro/Roberto Alagna, Elena Tsallagowa/Aleksandra Kurzak.

BARBIERE DI SIVIGLIA: Ido Arad (Leitung), Katharina Talbach (Regie), Davide Luciano/Thomas Lehmann/John Chest, Jana Kurucová/Irene Roberts, Sunnyboy Dladla, Levy Sekgapane/Antonio Siragusa.


Kritik Staatskapelle Berlin Barenboim: Jonas Kaufmann Lieder eines fahrenden Gesellen, Elgar 1

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Festtage 2016 der Staatsoper Berlin.

Lieder eines fahrenden Gesellen, Jonas Kaufmann.

Die Lieder sind Volkslied und Kunstlied zugleich.

Am besten gelingt gleich “Wenn mein Schatz Hochzeit macht”. Das Lied ist charakterisiert durch seine expressiv gedehnte Langsamkeit. Hervorragend ist Kaufmanns deklamatorische Sorgfalt. Im Vibrieren der Stimme verdichtet sich Textsinn. Übervoll mit Bedeutung angefüllt ist die mannigfaltige dynamische Gestaltung. Man kann ja so viel falsch machen bei Mahler: Bedeutungshuberei, Betroffenheitssalbaderei, Halbstimmenfistelei, um nur einige der häufigeren Missgriffe zu nennen.

Ich sehe Kaufmanns Leistungen im italienischen Fach, insbesondere als jugendlich-dramatischer Tenor, kritisch. Und seine Auftritte bei den einschlägigen Open-Air-Veranstaltungen sind oftmals nur mit Petersilie im Ohr zu genießen. Einige von Jonas Kaufmann auf der Opernbühne gezeigten Unarten – inflationärer Gebrauch der Halbstimme, unidiomatisches Pathos, unverblendete Registerunterschiede – pulverisiert Kaufmann im Liedrepertoire durch fanatische Genauigkeit und Eindringlichkeit der Interpretation.

Das vierte Lied, “Die zwei blauen Augen”, ist wieder beispielhaft. Expressive Langsamkeit, die mit einem sexy Helldunkel aufgeladene Halbstimme, das bedeutungsvolle Stocken des Wort-Ton-Gesangs – das ist exemplarisch.

Barenboim dirigiert, wo nötig, mit lodernder Lebhaftigkeit, und, wo hinreichend, mit nicht endender Geduld.

Die Zugabe Jonas Kaufmanns: Mahlers “Ich bin der Welt abhandengekommen” aus den Rückertliedern.

Elgars Sinfonie Nr. 1: Themen wie eine Dommesse. Oder eine Ostkurve.

Die Sinfonie dauert lang genug, um zwischendurch Zeit für allerlei Beobachtungen zu lassen. Etwa zur Genese von Elgars Stil. Es gibt Durchführungen von kontrapunktischer Hektik, wie man sie in Brahmsstreichquartetten findet (Finale). Ich höre eine Klarinettenepisode wie ein Zitat aus Meistersinger (Adagio). Die lärmende Unverblümtheit mancher thematischer Zuspitzungen (Scherzo, Thema; Finale Hauptthema) kann man sowohl Strauss als auch Tschaikowsky (oder zumindest Dvorak) in die Schuhe schieben. Die Formidee einer langsamen Einleitung für beide Ecksätze riecht doch stark nach Bruckner 5. Aber dennoch ist das Ganze eine Riesengaudi. Im repräsentativen Pomp des Finales gibt Elgar Eigenstes. Ja, Elgars Themen sind geradezu mega-ben trovati. Unvergleichlich bringt sich der zauberhafte melodische Charme des zweiten Scherzothemas zur Geltung.

Barenboim befeuert als unermüdlicher Hephaistos. Es ist ein Übermaß an leuchtendem, aufblühendem Klang in dieser Staatskapelle, Balance und Durchsichtigkeit des Klangs werden bewusst hintangestellt. Der Abend ist reich an dynamischen wie expressiven Extravaganzen. Das Orchester badet in Schattierungen des Ausdrucks.

Fazit: Es gibt keinen betörenderen Mahler-Exegeten als Jonas Kaufmann und keinen luxuriöseren Elgar-Exegeten als Barenboim.


Kritik Parsifal Staatsoper Festtage Barenboim: Andreas Schager, René Pape, Wolfgang Koch, Waltraud Meier

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Staatsoper Berlin Parsifal Barenboim Tcherniakov Pape Meier Wolfgang Koch

Parsifal Andreas Schager vor Ritter-Polygon / Foto: Ruth Walz / staatsoper-berlin.de

Der Berliner Tscherniakow-Parsifal. Festtage 2016.

Sehr schön.

Tscherniakow macht Parsifal fit. Tscherniakow zeigt Wagners Spätwerk als Backpacker-Drama. Die Gralsritter fristen ihr Dasein als eine Kreuzung aus bösen Hinterwäldlern und abgedrehten Vollbart-Hipstern. Es riecht nach militanten Altgläubigen-Milieus. Nach Sexsekte. Nach Assi-Zivilisationen à la Reichsbürger.

Gurnemanz ist ein Ultra. Er bastelt 4200 Takte lang an seiner ganz privaten Dolchstoßlegende. Dann meuchelt er Kundry.

Tscherniakows Parsifal ist angemessen modern. Das diffus vergraute Bühnenbild lässt kaum Zuschauerwünsche offen. Die Bühne zeigt einen klugen, kontrollierten Realismus, nicht unähnlich Stölzls Hyper-Realo-Parsifal an der DOB. Mixt dieser Parsifal nicht endlich einmal religiöse Seifenoper und herbes Existenzpathos? Ja.

Andreas Schager ist ein guter Parsifal. Sein Vortrag besitzt Kraft, sein Klang tenorale Helle. Schagers Lungen besitzen Durchhaltevermögen, seine Spitzentöne Durchschlagskraft. Dennoch: Schagers Timbre neigt zur Trockenheit, der Klang zeigt wenig Rundung oder Schmelz, er wirkt fast abstrakt. Die Phrasierung ist wohltuend linear. Zur Rolle passt die sachliche Ausdruckszurückhaltung durchaus. Bei “Wie dünkt mich doch die Aue” ist der kantable Fluss zwar da, doch er tröpfelt spärlicher, als es schön und wünschenswert wäre. Im Piano zeigt Schagers Stimme eine Tendenz zu unsteter Klangproduktion. Eleganz der Details: nein. Geheimnis und Wärme der Deklamation: nein. Legato-Mängel fallen auf. “Den heiligen Speer, ich bring ihn euch zurück” hört man jeder Silbe an, dass Singen eine Anstrengung ist.

Waltraud Meier Kundry. Ich habe auf dieser Seite Lobgesänge auf Meier geschrieben. Heute Abend: ständiges Flackern, hauchig, Stimmabbrüche. Aber ich höre ihre vielen Live-Kundrys mit (und auch ein bisserl ihre noch zahlreicheren Live-Isoldes). Als Kundry war sie, und wahrscheinlich nicht nur live, die beste.

Staatsoper Berlin Parsifal Barenboim Tcherniakov Matthias Hölle Wolfgang Koch

Matthias Hölle in illustrer Runde. Wolfgang Koch wird für die Vampirisierung präpariert / Foto: Ruth Walz / staatsoper-berlin.de

René Pape singt Gurnemanz. Als Kappenträger wirkt Tscherniakows Gurnemanz mitunter wie einer von den sieben Zwergen. Die überwältigende Samtströmung einer wundersamen Stimme, die blühende Deklamation seines 2008er Gurnemanz’ ist nicht mehr so da. Der Gurnemanz-Pape 2016 ist härter, massiver, metallischer, knorriger, einen Tick weniger innig-feierlich (“Du siehst, das ist nicht so”). Die unvergleichliche Elastizität der Wort- und Phrasenbildung des 2008er-Parsifals ist gewichen. Aufhorchen lässt dafür die selbstgewisse Autorität der Vollhöhe (“den er nicht selber möcht’ geleiten“). Die Führung der Stimme ist meisterhaft, doch nicht frei von Eigenarten. Ein Gurnemanz für die Annalen.

Staatsoper Berlin Parsifal Barenboim Tcherniakov Pape Meier Wolfgang Koch Matthias Hölle

Tcherniakovs lustige Blumenmädchen / Foto: Ruth Walz / staatsoper-berlin.de

Wolfgang Koch bewältigt den Part des Amfortas in wuchtig ausladender Vokalgeste. Tscherniakows Amfortas ist ein Opfer übler Folterrituale, erleidet vampirhafte Zudringlichkeiten. Schade, Kochs Amfortas erreicht nicht den Weltklasse-Sachs vom Oktober. Dazu fehlt seiner Stimme die letzte Prägnanz der Phrasierung. Das Anschleifen der korrekten Tonhöhe fällt heute Abend stärker auf. Der Abend weckt nicht den vokalen Virtuosen in Wolfgang Koch.

Klingsor Tómas Tómasson ist ein seine adretten Kampusch-Mädls mit wahrer Hingabe bemutternder Strickwestenträger. Matthias Hölle ist ein beeindruckender Titurel.

Die Knappen singen Sónia Grané, Natalia Skrycka, Florian Hoffmann, Roman Payer. Die Gralsritter sind Paul O’Neill und Dominic Barberi. Die Blumenmädchen tragen den Stoff, aus dem die Alpträume sind. Als potentielle Missbrauchs-Mädls singen Julia Novikova, Adriane Queiroz, Anja Schlosser, Sónia Grané, Narine Yeghiyan, Natalia Skrycka. Letztere singt auch die Stimme aus der Höhe.

Daniel Barenboim packt beileibe nicht die Monster-Slowmotion aus. Aber er geht mit dem ganz großen Besteck ran: Weihe, Pathos, Dämmer-Piano. Es funktioniert. Passend hierzu der abgedunkelte Ton der üppig timbrierten Staatskapelle. Beim Genuss der gedehnten Abläufe hilft etwas Parsifal-Erfahrung. Das blühende Stimmengeflecht ist im Karfreitagszauber von expressiver Zartheit. Ach ja, der Chor der Staatsoper steuert kernige Glaubenswahrheiten bei.

Fazit: eine Inszenierung, die meinetwegen zehn Jahre bleiben kann.



Kritik Staatskapelle Berlin Festtage Barenboim: Yo-Yo Ma Dvorak Cellokonzert, Elgar 2

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Festtage Berlin 2016 Yo-Yo Ma Staatskapelle Berlin Barenboim Dvorak Cellokonzert

Leicht zurückgelehnter Oberkörper, entspannte Armhaltung, wild konzentrierter Ausdruck: Yo-Yo Ma spielt eine Zugabe von Adnan Saygun / Foto: twitter.com/StaatsoperBLN

Zweites Festtage-Konzert der Staatskapelle Berlin.

Elgar. Elgar steckt mir danach in den Knochen wie ein Château Mouton-Rothschild.

Was macht Elgar aus?

Elgars Sinfonie Nr. 2: Impetuos gespannte Höhepunkte. Introvertierter Meistersinger-Pomp. Die Symphonie als Choral. Man kann dummbeknackt fragen: so what? Doch alles, was Elgar macht, scheint durch den formalen und inhaltlichen Reichtum seiner Musik gerechtfertigt.

Man fragt sich, warum Adorno nur auf dem kargen Sibelius herumschimpfte, nicht auch auf dem üppigen Elgar. Sein Statement wäre aufschlussreich gewesen.

Die in komplett undramatischen Piano-Stimmungen schwelgende Durchführung des ersten Satzes scheint ein Abgesang auf alle prozessgesteuerten Durchführungen seit Beethoven. Dagegen wirkt die von ehrgeiziger Hyper-Kontrapunktik getriebene Durchführung des Finales so altmodisch, dass sie viel Spaß bereitet. Das Larghetto lässt sich zu einem von ihm selbst kaum für möglich gehaltenen, hedonistischen F-Dur-Höhepunkt hinreißen und hat zwei großartige Brucknermomente. Da kommt alles in Fluss. Wir an Boulez’sche Frigidität Gewöhnte sollten das wieder angemessen genießen.

Ich bin mir nur noch nicht sicher, welches genau Elgars Schwachstelle ist, seine Vorliebe für äußerst verwickelte Satzstrategien oder sein hemmungsloser Eklektizismus (Gab es einen Brahms-verrückteren Komponisten als Elgar – Schönberg einmal beiseite gelassen?) Wahrscheinlich keines von beiden.

Barenboims Staatskapelle spielt mit hohem Einsatz. Dennoch dirigiert Barenboim bei tumultuösen Höhepunkten der Ecksätze zeitweise einhändig, die Linke liegt à la Richard Strauss eng am Körper, sehr elegant. Das ist nicht immer im Dienste höchster Klarheit, doch stets mit dem Siegel höheren Wagemuts und höchsten Gelingens.

Der Abend war alles andere als ein Geheimtipp-Konzert. Vor Elgar setzte der liebe Gott Dvorak.

Yo-Yo Ma findet für das Dvorak Cellokonzert Töne, auf die Cellisten selbst in ihren kühnsten Träumen kaum zu hoffen wagen. Yo-Yo Ma ist für seine virtuos-plastische Wiedergabe uneingeschränkt zu loben. In ihr finden sich bis zum Sublimen abgetönte Zartheit neben bis zu entfesselter Klangsinnlichkeit gesteigerter Energie. Der Musiker hält seine Interpretation zwischen Analyse und in der Schwebe. (Fehler! war 5 Tage online, kann jetzt endlich weg.)

Die Staatskapelle zelebriert in die Breite expandierenden, gelegentlich in entgrenzende Höhepunkte getriebenen Klang (kann man kritisieren). Aber welche Farben, welches Drama, welche Schübe die Musiker freisetzen, verblüfft (kann man nicht kritisieren). Die somnambule Identifikation der Musiker ist unbestritten. Es ist eine Sprache, die Ausdruck, Unmittelbarkeit sucht. Claudia Stein (Flöte) und Ignacio Garcìa (Horn) sind die maßgeblichen Bläsersolisten. Konzertmeister Wolfram Brandl legt ein atemnehmendes Wettspiel mit Yo-Yo Ma hin.

Yo-Yo Mas Zugabe: Partita von Adnan Saygun.

Womit ich wieder zu Elgar komme. Yo-Yo Ma reiht sich bei Elgars zweiter Sinfonie in die Cello-Gruppe ein. Vierte Reihe, zwischen Johanna Helm und Egbert Schimmelpfennig.

Das Schweißtuch-Techtelmechtel vor dem Dvorakkonzert sowie Barenboims virtuoser Blumenwurf in Richtung Yo-Yo Ma demonstrieren eine entspannte Arbeitsatmosphäre. Angesichts der Ovationen für Elgar hätte Adorno sich im Grab umgedreht.

Yo-Yo Ma Berlin Philharmonie Barenboim 2016 Festtage

Musik ist Mannschaftssport: Yo-Yo Ma, vierte Reihe Celli, verstärkt die Staatskapelle bei Elgars Sinfonie Nr. 2 / Foto: twitter.com/StaatsoperBLN


Saison 2016/2017 Staatsoper Berlin: Olga Peretyatko, Angela Gheorghiu, Jonas Kaufmann, Anna Nechaeva

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Saison 2016/2017 Staatsoper Schillertheater Berlin

Neue Saison, neues Glück. Ist es die letzte Saison im Schillertheater? Weiß man das?

Die Premieren bringen u.a. einen neuen Fidelio von Harry Kupfer, Barenboim dirigiert. Evelyn Herlitzius singt Elektra (Regie: Patrice Chéreau, Leitung: Barenboim). Die Neuproduktion der Festtage 2017 heißt Die Frau ohne Schatten, die Leitung hat Zubin Mehta (Solisten: Botha, Nylund, Koch, Theorin). Die weiteren Premieren: Berlioz’ Damnation de Faust mit Simon Rattle, Bizets Perlenfischer, inszeniert von Wim Wenders, es singt u.a. Olga Peretyatko, sowie Wolfgang Rihms Oper Jakob Lenz. Jürgen Flimm inszeniert zudem Puccinis Manon Lescaut – ohne Anna Netrebko, dafür mit Anna Netschajewa und Riccardo Massi.

Bemerkenswert bei den Repertoire-Vorstellungen: Angela Gheorghiu und Ljudmila Monastyrska singen Tosca, Olga Peretyatko singt Donna Anna, Piotr Beczala Rodolfo, René Pape ist als Philipp II (Don Carlo), Banquo (Macbeth), Sarastro und Gurnemanz zu hören. Simon Rattle dirigiert eine Wiederaufnahme von Katja Kabanowa mit Eva-Maria Westbroek.

Zu den Solisten bei Konzerten mit der Staatskapelle Berlin zählen u.a. Jonas Kaufmann, Cecilia Bartoli, Radu Lupu und Lang Lang. Simone Young dirigiert eine Wagner-Gala.

 

  • Die Staatsopern-Premieren

FIDELIO Harry Kupfer (Inszenierung), Daniel Barenboim (musikalische Leitung)
Besetzung: Andreas Schager, Camilla Nylund, Roman Trekel, Falk Struckmann, Matti Salminen
Termine: 3., 7., 9., 14., 16., 25., 28. Oktober 2016

ELEKTRA Patrice Chéreau (Inszenierung), Daniel Barenboim (musikalische Leitung)
Besetzung: Evelyn Herlitzius, Waltraud Meier, Adrianne Pieczonka, Michael Volle, Stephan Rügamer
Termine: 23., 26., 29. Oktober, 1., 4. November 2016

MANON LESCAUT Jürgen Flimm (Inszenierung), Michail Tatarnikow (musikalische Leitung)
Besetzung: Anna Netschajewa, Riccardo Massi, Franz Hwlata, Roman Trekel
Termine: 4., 8., 11., 16., 19., 22. Dezember 2016

KING ARTHUR Sven-Eric Bechtolf (Inszenierung), René Jacobs (musikalische Leitung)
Besetzung: Annett Fritsch, Robin Johannsen, Benno Schachtner, Mark Milhofer, Stephan Rügamer, Arttu Kataja, Johannes Weisser
Termine: 15., 17. 19., 21., 22. Januar 2017

DIE FRAU OHNE SCHATTEN Claus Guth (Inszenierung), Zubin Mehta (musikalische Leitung)
Besetzung: Johan Botha, Camilla Nylund, Wolfgang Koch, Iréne Theorin, Roman Trekel
Termine: 9., 13., 16. April 2017 (Festtage 2017)

LA DAMNATION DE FAUST Terry Gilliam (Inszenierung), Simon Rattle (musikalische Leitung)
Besetzung: Charles Castronovo, Magdalena Kozena, Florian Boesch, Jan Martiník
Termine: 27. Mai, 1., 4., 9., 11. Juni 2017

DIE PERLENFISCHER Wim Wenders (Inszenierung), Daniel Barenboim (musikalische Leitung)
Besetzung: Olga Peretyatko, Francesco Demuro, Gyula Orendt, Wolfgang Schöne
Termine: 24., 30. Juni, 2., 4. Juli 2017

JAKOB LENZ (Wolfgang Rihm) Andrea Breth (Inszenierung), Franck Ollu (musikalische Leitung)
Besetzung: Georg Nigl, Henry Waddington, John Graham Hall
Termine: 5., 8., 10., 12., 14. Juli 2017

  • Das Staatsopern-Repertoire

Wagner & Strauss

PARSIFAL Dimitri Tscherniakow (Inszenierung), Daniel Barenboim (musikalische Leitung)
Besetzung: Andreas Schager, Anna Larsson, René Pape, Tómas Tómasson, Matthias Hölle

TANNHÄUSER Sasha Waltz (Inszenierung), Simone Young (musikalische Leitung)
Besetzung: Burkhard Fritz, Marina Prudenskaja, Anne Schwanewilms, René Pape, Wolfgang Koch

ARIADNE AUF NAXOS Hans Neuenfels (Inszenierung), Eun Sun Kim (musikalische Leitung)
Besetzung: Anna Samuil, Roberto Saccà, Elena Sancho Pereg, Katharina Kammerloher

Puccini

LA BOHÈME Lindy Hume (Inszenierung), Lahav Shani/Domingo Hindoyan (musikalische Leitung)
Besetzung: Alexandra Kurzak/Anita Hartig, Abdellah Lasri/Piotr Beczala, Anna Samuil, Arrtu Kataja/Alfredo Daza

MADAMA BUTTERFLY Eike Gramss (Inszenierung), Eun Sun Kim (musikalische Leitung)
Besetzung: Alexia Voulgaridou/Oksana Dyka, Dmytro Popov/Teodor Ilincai, Katharina Kammerloher, Alfredo Daza

TOSCA Alvis Hermanis (Inszenierung), Domingo Hindoyan (musikalische Leitung)
Besetzung: Angela Gheorghiu/Ljudmila Monastyrska, Fabio Sartori/Yonghoon Lee, Michael Volle/Erwin Schrott

Verdi, Rossini

DON CARLO Joseph Himmelmann (Inszenierung), Massimo Zanetti (musikalische Leitung)
Besetzung: Fabio Sartori, Anna Samuil, René Pape, Alfredo Daza, Michail Kasakow, Marina Prudenskaja

BARBIER VON SEVILLA Ruth Berghaus (Inszenierung), Diego Matheuz (musikalische Leitung)
Besetzung: Gyula Orendt, Maxim Miranow, Tara Erraught

LA TRAVIATA Dieter Dorn (Inszenierung), Eun Sun Kim (musikalische Leitung)
Besetzung: Ailyn Pérez, Abdellah Lasri, Alfredo Daza

MACBETH Peter Mussbach (Inszenierung), Daniel Barenboim (musikalische Leitung)
Besetzung: Plácido Domingo, René Pape, Marina Prudenskaja, Gaston Rivero

Mozart

LE NOZZE DI FIGARO Jürgen Flimm (Inszenierung), Pablo Heras-Casado (musikalische Leitung)
Besetzung: Lauri Vasar, Ildebrando D’Arcangelo, Dorothea Röschmann, Anna Prohaska, Marianne Crebassa

DON GIOVANNI Claus Guth (Inszenierung), Massimo Zanetti (musikalische Leitung)
Besetzung: Christopher Maltmann, Olga Peretyatko, Dorothea Röschmann, Luca Pisaroni, Antonio Poli

ZAUBERFLÖTE August Everding (Inszenierung), Stefan Soltesz (musikalische Leitung)
Besetzung: René Pape/Wilhelm Schwinghammer/Jan Martiník, Elin Rombo/Nora Friedrichs/Anna Siminska, Peter Sonn/Andreas Schager/Stephan Rügamer, Anna Prohaska, Evelyn Novak, Elsa Dreisig, Narine Yeghiyan

Sonstige

KATJA KABANOWA Andrea Breth (Inszenierung), Simon Rattle (musikalische Leitung)
Besetzung: Eva-Maria Westbroek, Pavlo Hunka, Simon O`Neill, Rosalind Plowright, Stephan Rügamer

SACRE (L’APRÈS-MIDI D’UN FAUNE, SCÈNE D’AMOUR, LE SACRE DU PRINTEMPS) Sasha Waltz(Inszenierung), David Robert Coleman (musikalische Leitung)
Besetzung: Sasha Waltz & Guests

DEL TEMPO E DEL DISINGANNO Jürgen Flimm (Inszenierung), Sébastien Rouland (musikalische Leitung)
Besetzung: Hélène Lecorre, Inga Kalna, Sara Mingardo, Charles Workman

ORFEO ED EURIDICE Jürgen Flimm (Inszenierung), Alessandro De Marchi (musikalische Leitung)
Besetzung: Emmanuel Cencic, Elsa Dreisig, Narine Yeghiyan

 

Die Vorverkaufstermine:
Für Abonnenten: ab 2.4.2016
Für Staatsoperncardinhaber, Mitglieder Förderverein: ab 9.4.2016
Regulärer Vorverkauf: ab 16.4.2016

Hier alle Premieren, Termine und Besetzungen der Staatsopernsaison 2016/2017.


Kritik Wien Parsifal 2016: Michael Volle, Violeta Urmana, Falk Struckmann, Stephen Gould, Adam Fischer

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Parsifal Staatsoper Wien 2016 Adam Fischer Falk Struckmann Michael Volle Violeta Urmana

Parsifal Staatsoper Wien 2016: Adam Fischer dirigiert / Foto: arte.tv

Nachklapp zum österlichen Parsifal-Rummel.

Das ist wie Komaglotzen, diese endlosen Stunden, von Angesicht zu Angesicht mit diesem alterslosen Alterswerk. Heute aber nicht live wie zwei Mal in Berlin, sondern per Live-Stream aus der Wiener Staatsoper.

Das Vorspiel, Akt I. Flüssiges Musizieren, man sieht klar bis auf den Grund der Partitur. Die weichen Pianissimo-Zweiunddreißigstel der Streicher sind eine Labsal. Sehr sachliches Glaubensthema.

Die Inszenierung von Christine Mielitz (es heißt “nach einer Regie von…”) ist nicht so schlecht wie die Spatzen von den Wiener Dächern pfeifen. Mielitz bringt die Gralsritter in einem Setting unter, das nach wenig Freude und nach viel Charakterfehlern ausschaut. Halb Irrenhaus, halb Burschenschaftler-Fechtboden. Eh klar, die Gralsritter sind Kundry-Grabscher, während die gesteppten Fechtjacken nach bösem Männermief muffeln. Die großen Entwicklungslinien freilich – Parsifals Reifeprüfung und Erlösungstat, Kundrys tiefer Fall – lässt auch die Harry-Kupfer-Schülerin Mielitz unangetastet.

Parsifal Wien 2016 Adam Fischer Klingsor Boaz Daniel, Kundry Violeta Urmana, Parsifal Stephen Gould

Applaus Akt II: Klingsor Boaz Daniel, Kundry Violeta Urmana, Parsifal Stephen Gould / Foto: arte.tv

Falk Struckmann gibt als Gurnemanz mit gediegenem Bauch unter gesteppter Fechtjacke ein prächtiges Bild ab. Der vom Amfortas (2011) zum heutigen Gurnemanz aufgestiegene Struckmann nennt Textdeutlichkeit und Intonationssicherheit sein eigen. Ich mag seine knorrige Kantabilität. Als erfahrener (Sänger-)Haudegen hat er beides, ernste Würde, und milde Entspanntheit. Struckmanns vokale Linie ist rau, nie indes reißt der deklamatorische Zusammenhang. Besonders gelingen Struckmann die Stellen verhalten sich verströmender Expressivität (“die heilig edle Schale, darein am Kreuz sein göttlich Blut auch floss”). Im dritten Akt ist bei ihm dann desöfteren “nicht mehr genug Wasser auf der Rutsche” (Zitat Mehmet Scholl).

Michael Volle Amfortas Wien Oper Parsifal

Überidentifikation als Selbstfindung: Michael Volle singt Amfortas / Foto: arte.tv

Michael Volle stellt einen von Lebensqual hart bedrängten Amfortas auf die Bühne. Schön die Festigkeit seiner Stimme. Volles Baritontimbre ist von störrischen, metallischen Stimmpartikeln durchschossen. Expressiv geht Volle aufs Ganze: seine Erbarmensrufe sind harte Koste für Belcanto-Wagnerianer, doch aus der Substanz des Werkes herleitbar.

Der Parsifal Stephen Goulds missfällt mir. Goulds Wagnerrollen zeichnen sich ja bisweilen durch eine eher geringe Komplexität aus. So auch heute. Im zweiten und dritten Akt findet Gould zu gewohnter Stärke, will sagen makelloser Solidität. Es fehlt letztendlich in den Ausbrüchen des zweiten Aktes der richtige Riecher für die expressive vokale Geste.

Kundry Violeta Urmana treibt im ersten Akt im Muslima-Look ihr Unwesen, im zweiten als Glitzergalarobendame, im dritten als ungewöhnlich stämmige Büßerin. Urmanas Stimme besitzt wenig Rundung oder technischen Finish, doch Farbe und Kraft für die heikle Partie. Die im Forte scharfe Höhe – geschenkt.

Parsifal Wien 2106: Ileana Tonca, Regine Hangler, Margaret Plummer, Annika Gerhards, Caroline Wenborne, Zoryana Kushpler

Blumenmädchenapplaus: Annika Gerhards, Ileana Tonca, Regine Hangler, Margaret Plummer, Caroline Wenborne, Zoryana Kushpler / Foto: arte.tv

Der junge Boaz Daniel singt einen ordentlichen Klingsor, Ryan Speedo Green einen rauhalsigen Titurel.

Die Knappen, die noch nicht grün hinterm Ohr sind und sich Gurnemanz’ sanfter Zurechtweisung ausgesetzt sehen, singen Ulrike Helzel, Hyuna Ko, Joseph Dennis, Peter Jelosits. Die Gralsritter singen Michael Roider, Il Hong. Die rotgewandeten Blumenmädchen verkörpern Ileana Tonca, Regine Hangler, Margaret Plummer, Annika Gerhards, Caroline Wenborne, Zoryana Kushpler.

Das Wiener Staatsopernorchester spielt unter Adam Fischer klar und sauber. Gelöst und frei lösen sich Schlenker und Gesten der Violinen. Die Textur lichtet sich bis zu schlanker Kammermusikalität (z.B. jene fünf Takte Streichersatz in der ersten Verwandlungsmusik), verliert indes nie Zusammenhang. Es ist eindrucksvoll, wie im Finale von Akt I sich erregte Violinen und flauschige Bratschen aus dem großen Apparat lösen, um wenig später wieder in den Klangstrom zurückzusinken. Satt, doch transparent und schlank geführt tönt das Blech.

Wiener Philharmoniker Staatsoper Wien Adam Fischer Richard Wagner Parsifal 2016

Die Wiener Philharmoniker sind bereit für Parsifal, 3. Akt / Foto: arte.tv

Die rasch in Szene gesetzte Verwandlungsmusik im ersten Akt bleibt unter diesen Bedingungen unter ihren Möglichkeiten. Ebenso verhält es ich mit einigen Chorstellen. An den kessen Geschwindschritt des Finales I muss man sich erst gewöhnen. Überhaupt finde ich wiederholt Einsätze des Chores “Zum letzten Liebesmahle” ungenau. Womöglich liegt hier jedoch nur eine ungewöhnliche, die Freiheit der Einzelstimme ausstellende Konzeption von Chorgesang vor. Eberhard Friedrich verfolgte in Berlin Unter den Linden ja Ähnliches.

Adam Fischer deutet auch das “Sehr langsam” im Vorspiel zu Akt III sportiv um, ganz zu schweigen von der fast kecken Auslegung des folgenden “Noch langsamer werdend, ermattend”. Dennoch ist sein Dirigat ein Musterbeispiel an deutender Klarheit und genauester Sorgfalt.

Diese Wiener Philharmoniker hätte man ja auch gerne in Berlin.

 


Kritiken Tristan und Isolde Rattle: Skelton, Westbroek, Sarah Connolly, Stephen Milling, Nagy, Berliner Philharmoniker

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Michael Nagy, Simon Rattle, Sarah Connolly, Eva-Maria Westbroek, Stuart Skelton Tristan und Isolde Richard Wagner Philharmonie Berlin

Après Tristan: Michael Nagy, Simon Rattle, Sarah Connolly, Eva-Maria Westbroek, Stuart Skelton, Roman Sadnik / Foto: twitter.com

Tristan. Und Isolde.

Ich habe über Ostern mehr Parsifals als Osterhasen gesehen. Und jetzt auch noch Tristan. Der kommt auch nicht aus der Lustige-Unterhaltung-Branche.

Diese Isolde. Mit den Aphrodisiaka rumgetrickst, den Brautwerber zum Küssen verführt und ins Bett umgelenkt. Ehebruch, ewige Liebe. Wie so was ausgeht, davon hat auch nicht erst die Romantik eine Ahnung gehabt.

Eva-Maria Westbroek (Isolde). Das schwarze Kleid sitzt gut. Ihr Smalltalk (“Da du so sittsam, mein Herr Tristan”, eine Quarte, zwei Quinten) könnte eine Spur tückischer klingen. Ihr Sopran ist üppig in Klang und Umfang. Ihr Piano ist so klangvoll wie das Forte anderer Soprane. Westbroeks Spitzentönen – vornehmlich A’s und As’s – kann man zuhören, ohne nervös zu werden. Je höher ihr Sopran steigt, desto schärfer lodert er. Das starke Vibrato in der Höhe erschwert indes die präzise Wort-Deutung. “Mild und leise” singt Westbroek ohne große expressive Finessen. Bei Westbroek fällt mir immer ein: “45 Jahr’, blondes Haar.” Sieht sie nicht aus wie gerade 30 geworden?

Und dann sage noch jemand, es gebe ein classical elitism topic.

Sarah Connolly (Brangäne). Connolly trägt 4-cm-Absatz-Pumps. Distinktes Vibrato, bissl herbes Timbre. Kein Klangwunder. Gebraucht beim Singen Verstand und Gefühl, und immer etwas mehr von ersterem. Aber noch im kleinsten Vibrieren ihrer Stimme sitzt ein Stück Drama. Connolly begeht kein einziges Verbrechen gegen Geschmack und Stil. Ihre Brangänerufe in Akt II sind gutgemeinte Erinnerungen (“Habet Acht!”), keine verzweifelten Vorahnungen.

Stuart Skelton (Tristan). Skelton ist auch kein Stage animal. Dass seine Bühnenpräsenz doch ein gewisses, wenn auch träges Pathos besitzt, hat sich Skelton womöglich hart erarbeitet. Ich hatte Stuart Skelton als Kreuzung aus Simon O’Neills Blässe und Stephen Goulds Verlässlichkeit in Erinnerung. Ich lag falsch. Die Phrasierung ist exzellent. Er hat Farben. Emotion und Affekt kommen stets aus dem Singen und werden nicht dem Singen aufgepropft. In den hocherregten Passagen von Akt III ist jede Note hörbar. Er singt jede Note, er schreit nicht. Nie. Technisch ist er womöglich besser als jeder andere derzeitige Heldentenor von Rang. Kurz, Stuart Skelton ist der befriedigendste Tristan, den ich in den letzten 15 Jahren gehört habe.

Michael Nagy (Kurwenal). Prächtiges Material, kerngesunde Stimme. Nur dass Nagy sein Material noch etwas krawallig eingesetzt. Unweit meines Platzes fühlte sich ein Musikfreund zu einem matten Buh bemüßigt.

Stephen Milling (König Marke). Milling… Eine Enttäuschung von vorne bis hinten ist Milling im zweiten Akt. Er ist nur gut, wenn er laut ist, und das ist er eher in Akt 3. Ansonsten fallen die fehlende Prägnanz der Phrasierung nicht minder auf wie der bedauerliche Umstand, dass seinen Pathos-Gesten das Pathos fehlt. Von Millings “keen way of words and a gift for expressive colouration” (seine Homepage) höre ich nur homöopathische Dosen. Milling wird ja überall angesetzt: Hagen Bayreuth, Gurnemanz Salzburg, Marke London, Landgraf London. Es ist ja nicht so, dass man in Berlin nicht wüsste, wie ein Marke klingt. Ich will nicht ins Detail gehen und nur an einen Finnen, dessen Statur eine Kreuzung aus Eisbär und Schrank ist, oder an einen Dresdner Sachsen, der eine knubbelige Stupsnase sein eigen nennt, erinnern.

Verlässliche Kräfte sind Thomas Ebenstein (Hirte, Seemann), Roman Sadnik (Melot) und Simon Stricker (Steuermann). Simon Stricker ist ein guter Steuermann. Roman Sadnik kämpft mit einer lauten Stimme, die er ohne Gefühl einsetzt. Thomas Ebenstein ein guter Hirte. Der Rundfunkchor Berlin singt leidenschaftlich.

Es ist eigentlich zu spät für Rattle. Es ist 0:30 Uhr. Aber für Rattle schreibe ich gerne schnell noch was.

Simon Rattle dirigiert mit britischer Gründlichkeit. Alles ist da. Man gerät in den Sog komplexer Crescendi. Die Berliner Philharmoniker agieren als perfekt durchtrainierter Muskel. Und irgendwo passiert immer ein orgiastischer Flash. Da ist dieses stur Expressive, das sich in Rattles Interpretation merkbar macht. Es ist kein Abend für die Ewigkeit (immer wenn man denkt, es sei einer, liegt man sowieso daneben). Der Fortissimo-Schlussakkord von Akt eins wirkt halbherzig. Der von Akt zwei wie ein müder Bumms. Doch jeder Takt lebt. Rattles Intensität triumphiert. Es ist Rattles Sinn dafür, dass im Tristan alles mit allem zusammenhängt, der heute Abend triumphiert.

Tristan Isolde Philharmonie Berlin Berliner Philharmoniker Simon Rattle Westbroek Skelton

Schlussapplaus Tristan und Isolde: Rattle klatscht, Nagy guckt, Sarah Connolly verbeugt sich etwas, Eva-Maria Westbroek lässt das Haar ganz runter / Foto: twitter.com


Zarenbraut Staatsoper Berlin Kritik: Elena Tsallagova, Marina Prudenskaya, Pavel Černoch, Anatoli Kotscherga, Irina Rubtsova

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Elena Tsallagova Die Zarenbraut Rimsky-Korsakow Staatsoper Berlin Schillertheater

Zarenbraut Elena Tsallagova vor der Vorstellung im Schillertheater / Foto: twitter.com/tsallagovaelena

Die Zarenbraut von Rimsky-Korsakow. Uraufführung Moskau 1899.

Schillertheater.

Боже мой, как много русских.

Der erste Akt zieht sich etwas. Feiern, Trinken, die eine Geliebte abservieren, für die andere ein Aphrodisiakum besorgen, das kann Zeit in Anspruch nehmen. Im vierten Akt hingegen fliegen die Fetzen. Es wütet der Tod. Das ist kurzweilig. Tschernjakows beziehungsreiche Inszenierung deutet die tragische Handlung des 16. Jahrhunderts als Traum eines durchmedialisierten Russlands der Gegenwart. Die Volte Tschernjakows: Der Folklore-Traum wird zum Alptraum der Gegenwart. Gut.

Es singen почти исключительно russischsprachige Sänger. Sehr gut.

2013 waren noch Olga Peretyatko und Anita Ravelishvili am Werk.

Heute Abend singt Elena Tsallagova die Marfa. Ihr droht in auch für Opern unüblicher Zuspitzung dreifaches Unglück: durch Grjasnoi (Liebestrank), durch Ljubascha (Gift) und durch Zar Iwan (als Zarenbraut). Unter diesen Umständen ist es ein Wunder, dass sie es lebend bis in den vierten Akt schafft. Alles andere wäre auch schade, denn Elena Tsallagova füllt die Rolle mit Anmut und Leidenschaft, singt berührende Pianissimi, und ihre Stimme ist ein gut geführter Sopran mittlerer Größe von anrührendem Klang und leuchtend warmem, leicht belegtem Timbre.

Der Grjansoj von Evez Abdulla  ist ein kleingewachsener Bösewicht mit energischer, enger Stimme, der man dunkle Leidenschaft und rücksichtsloses Intrigantentum voll und ganz abnimmt.

Marina Prudenskaya singt die feurige Ljubascha mit einem Mezzosopran, der klangvoll in der Tiefe und scharf auflodernd in der schallkräftigen Höhe ist. Prudenskaya gibt ein fast (hoch-)dramatisches Porträt.

Anatoli Kotscherga ist der Kaufmann Sobakin, eine gute Seele, der onkelhaft singplaudernd sich die Sympathien der Zuhörer ersingt. Kotscherga ist ja fast schon eine Legende, Kotschergas Pfund, mit dem er ordentlich wuchert, ist eine großzügige Phrasierung in Verbindung mit immer noch machtvollen Volumen.

In Sachen Souveränität steht Irina Rubtsova als Saburowa, der Mutter Dunyaschas, Anatoli Kotscherga wenig nach. Ihr Sopran zeigt wie Kotschergas Bass diverse Altersspuren, füllt aber dank Kraft und Temperament umstandslos den Zuschauerraum des Schillertheater.

Pavel Černoch ist der junge Pechvogel Lykow, eine selten treue Seele. Eine eiserne Regel in der Oper besagt, dass jemand, der im zweiten Akt glücklich, im letzten tot ist. So auch heute. Černochs Tenor ist von angenehmer Festigkeit, klanglich sehr gut fokussiert, nicht zu groß, doch nach allen Seiten beweglich, enorm hellklingend, ohne doch brillant zu sein, aber schallstark. Eine großartige Tenorstimme, die für slawische Opern unverzichtbar scheint.

Stephan Rügamer singt den Leibarzt des Zaren namens Bomelius, der aalglatten Geschäftssinn und Verliebtsein erfolglos unter einen Hut zu bringen versucht. Anna Lapkovskaja singt die sanfte Dunjascha. Tobias Schabel, ein hochaufgeschossener Maljuta-Skuratow, und Natalia Skrycka, eine blitzsaubere Petrowna, vervollständigen die gute Besetzung.

Letztgenannte Solisten erreichen das Ende der Oper lebend. Aber für’s Hauptpersonal ist zum Schluss so ziemlich alles dumm gelaufen, was dumm laufen konnte.

Die Leitung liegt bei Alexander Vitlin, der Unter den Linden einst einen fabelhaft feurigen Spieler (Prokofjew) dirigierte. Vitlins Dirigat der Zarenbraut erreicht nicht Barenboims Glut und Blut, zeigt dafür eine Art liebenswürdigen Schmiss. Auch die Staatskapelle schaltet einen Gang zurück, spielt indes aufmerksam und lebhaft.

Es fällt auf, wie stark Rimsky-Korsakow sich in Arien, Ensembles und Chören – der in russische Zottelkostüme gesteckte Staatsopernchor singt lebendig – an Melos und Textur Tschaikowskys anlehnt.


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